Firmenanzeigen im Internet Telekom und Zurich werben auf Hetz-Portal

BONN · Deutsche Unternehmen distanzieren sich von Bannern auf einer rechtslastigen Website in den USA. Sie wollen die Verbreitung stoppen. Der Vorfall zeigt die Fallstricke der Internetwerbung.

 Ein Screenshot von der Website www.breitbart.com mit einem Werbebanner von Vodafone.

Ein Screenshot von der Website www.breitbart.com mit einem Werbebanner von Vodafone.

Foto: Ulla Thied

Großes Befremden bei deutschen Unternehmen: Werbebanner namhafter Firmen – auch aus der Region – befinden sich auf dem rechtspopulistischen US-Nachrichtenportal Breitbart, das in seinen Artikeln gegen Immigranten, Frauen und Farbige hetzt. Auf Anfrage dieser Zeitung distanzierten sich die Konzerne von der Plattform und erklärten, diese Website künftig zu blockieren. Fraglich ist aber, ob das immer gelingt.

Zu den Unternehmen, deren Werbebanner beim Klicken auf „www.breitbart.com“ in den vergangenen Tagen erschienen, gehörten etwa die Deutsche Telekom, Vapiano, Zurich-Versicherungen, Rewe, die Wirtschaftsprüfer von EY, Primacom und Vodafone. Die Telekom teilte dem General-Anzeiger mit, man dulde „in keinster Weise diskriminierende Handlungen oder Äußerungen“. Die Website sei daher auf eine „Blacklist“ gesetzt worden, „um ab sofort Telekom-Werbung dort zu verhindern“.

Der Vorgang beleuchtet die komplexen Wege, die Werbung im Internet nimmt. Während Unternehmen bei Zeitungsanzeigen gezielt Werbeplätze kaufen, werden im weltweiten Datennetz Anzeige und Zielgruppe direkt miteinander verbunden. Das geschieht durch die Algorithmen des Browsers, über den ein Besucher eine Website betrachtet. „Werbeplätze im Internet sind Container, die nutzungsbedingt befüllt werden“, erklärt Bernd Nauen, Geschäftsführer des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft (ZAW). Hat ein Nutzer zuvor ein Hotel in Spanien gebucht, könnten ihm auf der nächsten Website Sprachkurse für Spanisch angeboten werden. Leser von Breitbart, die von Deutschland aus die Site besuchen, bekommen daher in der Regel deutschsprachige Angebote. „Was Sie und ich auf einer Website an Werbung sehen, kann ganz unterschiedlich sein und hängt davon ab, was der jeweilige Browser zutage bringt“, erklärt Nauen.

Viele Unternehmen beauftragen Medienagenturen mit der Auslieferung von Anzeigen und geben Leitlinien für die Handhabung. Dazu gehören auch schwarze Listen mit Plattformen, in deren Umfeld man nicht erscheinen will. „Wir haben einen Filter angelegt“, sagt Zurich-Pressesprecher Bernd Engelien. Dort sind Schlüsselwörter gespeichert, die helfen sollen, dass Zurich-Werbung nicht auf Websites mit pornografischen, rassistischen oder urheberrechtsverletzenden Inhalten erscheinen. „Aber es ist schwierig für Maschinen, zwischen populistischen Sites, die noch von der Meinungsfreiheit gedeckt werden, und strafrechtlich relevanten Sites zu unterscheiden“, fügt Engelien hinzu. „Allerdings wollen wir uns als Zurich Deutschland weder von linken noch rechten Gruppierungen vor den Karren spannen lassen.“

ZAW-Geschäftsführer Nauen hat eine mögliche Erklärung für die unerwünschten Werbebanner: Zwischen Medienagentur und Website seien oftmals Dutzende „Targetingdienstleister“ zwischengeschaltet, die im weltweiten Datennetz die Orte aufspüren, wo sich die jeweilige Zielgruppe eines Unternehmens aufhalte.

Genau über einen solchen Dienstleister ist offenbar Vodafone gestolpert. Auf Anfrage ließ das Unternehmen am Donnerstag prüfen, wie die Werbebanner bei Breitbart landen konnten, obwohl das Portal längst auf der „Blacklist“ stehen sollte. „Das wurde unautorisiert von einem unserer Dienstleister ausgerollt“, sagte Pressesprecher Volker Petendorf. Mit Hetze gegen Minderheiten will man bei Vodafone in Düsseldorf, wo Beschäftigte aus 72 Ländern arbeiteten, keinesfalls in Zusammenhang gebracht werden.

Breitbart wirbt damit, dass es monatlich 45 Millionen Besucher habe. Die hat es nun aufgerufen, den Kellogg's-Konzern zu boykottieren. Denn dieser hatte angekündigt, Breitbart auf seine Blacklist zu setzen. Seitdem finden sich in den sozialen Medien Tausende Unterstützer für den Kellogg's-Boykott. Was das Portal derzeit in den Fokus rückt: Der frühere Breitbart-Chef Steve Bannon ist vom designierten US-Präsidenten Donald Trump zum persönlichen Berater im Weißen Haus ernannt worden.

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