70 Jahre nach der Gründung Spielwarenhändler "Toys R Us" steht vor dem Ende

Washington · Das US-amerikanische Spielzeugwaren-Imperium "Toys R Us" hat in seiner Heimat wohl ausgespielt. Wie es mit den Geschäften in Deutschland weitergeht, ist noch unklar.

In der Washingtoner Szene-Kneipe „Madam's Organ“ im Stadtteil Adams Morgan herrschte gestern unter den älteren Gäste trübe Stimmung. An gleicher Stelle – 2461 18th St. NW – hatte der Weltkriegsveteran Charles Lazarus vor 70 Jahren mit einem Geschäft für Baby-Möbel den Grundstein für ein weltweites Spielzeugwaren-Imperium gelegt, das zuletzt mit 1500 Filialen und rund 65.000 Mitarbeitern regelmäßig Kinderherzen höherschlagen und die Portemonnaies von Eltern, Omas und Tanten leichter werden ließ.

Toys R Us gibt nicht nur in Amerika, sondern auch in weiten Teilen Europas die Geschäfte auf, wie Geschäftsführer David Brandon in der Zentrale in Wayne/New Jersey ankündigte. Milliardenschulden, die erdrückende Konkurrenz des Online-Riesen Amazon und verändertes Spielverhalten von Kindern haben der Kette den Garaus gemacht.

Der Niedergang war mindestens seit 2013 zu beobachten. Damals wies das Unternehmen zum letzten Mal einen Jahresgewinn aus. Um zu sparen, schloss Toys R Us in der Folgezeit seinen berühmten Laden an der New Yorker Fifth Avenue. Wenig später wurde auch das 18 Meter hohe Riesenrad im rund um die Uhr piependen und leuchtenden Edel-Geschäft am Times Square aufgegeben, das regelmäßig Touristen aus aller Welt anzog. Um sich wettbewerbsfähig zu trimmen und Schulden in Höhe von fünf Milliarden Dollar abzutragen, meldete Toys R Us im vergangenen September in den USA Gläubigerschutz an und entschied sich dazu, 180 der rund 900 US-Filialen schrittweise zu schließen.

Weil das Weihnachtsgeschäft, in dem der Konzern sonst rund 40 Prozent seines zuletzt knapp elf Milliarden Dollar umfassenden Jahresumsatzes machte, „mehr als katastrophal“ ausfiel, wurde der Druck so stark, dass Brandon erneut handeln musste. „Es ist ein sehr trauriger Tag“, sagte er in einer Telefonkonferenz vor Mitarbeitern.

Große Konkurrenz durch Amazon

Wie viele andere stationäre „Brick and Mortar“-Geschäfte (Ziegel und Mörtel) leidet Toys R Us an der Verdrängungskraft von Online-Händlern wie Amazon, die Alltagswaren jeder Art einfacher zum Kunden bringen. Dazu kam, dass im Jahr 2005 der Immobilienkonzern Vornado Realty Trust und die Finanzinvestoren Bain Capital und KKR die Kette übernommen und einen großen Teil des Kaufpreises in Höhe von 6,6 Milliarden Dollar auf Toys R Us als Schulden abgewälzt hatten. Alle Versuche, sich aus dieser Klemme zu befreien, scheiterten bisher.

Toys R Us nimmt damit das gleiche Schicksal, das der Konzern am Anfang seiner Geschichte mit viel Finanzpower und rasantem Wachstum anderen Branchen-Teilnehmern beschert hatte. Nach der Eröffnung des ersten echten Spielwarengeschäfts 1957 und dem Gang an die Börse rund 20 Jahre später wurde Toys R Us in den USA durch die akribische Marktbeobachtung von Charles Lazarus zum „Category Killer“. Sämtliche kleineren Fachgeschäfte wie KB Toys, Zany Brainy und Noodle Kidoodle wurden aus dem Markt gedrängt.

Von der jetzt verkündeten Geschäftsaufgabe sind in den USA über 30 000 Voll- und Teilzeitkräfte betroffen. Sie sollen für die nächsten 60 Tage noch Gehalt und Sozialleistungen bekommen.

Charles Lazarus war bis zu seinem Ausscheiden 1994 übrigens regelmäßig verblüfft über den Erfolg seiner Idee, die es in Amerika zur Ikone gebracht hat, die in einem Atemzug mit Coca Cola oder McDonalds genannt wird: „Niemand hat unsere Produkte jemals wirklich benötigt.“

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