Kein Steuergeld für Autobauer Scholz zieht rote Linie: Konzerne zahlen Diesel-Umrüstung

Berlin · Der Vizekanzler stellt sich in der Frage der Finanzierung von Nachrüstungen von Dieselautos auf die Seite der Kunden. Er sieht allein die Industrie in der Pflicht. Staatsgeld will der Finanzminister nicht locker machen.

 Für Olaf Scholz ist die Diesel-Nachrüstung kein Thema "für öffentliches Geld".

Für Olaf Scholz ist die Diesel-Nachrüstung kein Thema "für öffentliches Geld".

Foto: Kay Nietfeld

Vor der Entscheidung über teure Nachrüstungen für Dieselautos hat Finanzminister Olaf Scholz (SPD) klargemacht, dass die Hersteller nicht auf Staatshilfe hoffen können.

"Ich glaube nicht, dass das ein Thema ist für öffentliches Geld", sagte der Vizekanzler der Deutschen Presse-Agentur. Mit Blick auf die ebenfalls diskutierten Umtauschprämien für neuere und weniger umweltbelastende Autos ergänzte Scholz: "Die meisten von uns können sich ja gar keinen Neuwagen leisten, sondern die kaufen ein gebrauchtes Fahrzeug." Daher macht sich die SPD in der Koalition für teure Motor-Umbauten stark, damit Dieselautos weiterhin überall fahren dürfen.

Am Freitag treffen sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und mehrere Bundesminister, um eine Paketlösung zu besprechen. Spätestens bei einem Koalitionsgipfel an diesem Montag soll Klarheit für die verunsicherten Dieselbesitzer geschaffen werden, denen wegen zu hoher Stickoxid-Emissionen Fahrverbote in mehreren Städten drohen.

Auch Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) machte klar, dass er nicht auf Steuergeld oder eine Selbstbeteiligung der Autofahrer setzen will. Das aktuell erarbeitete Lösungsmodell schließe solche Finanzierungsoptionen aus, sagte er im "Morgenmagazin" des ZDF. Die Autoindustrie müsse sich einbringen. Scheuer hatte mehrfach Bedenken gegen Hardware-Nachrüstungen an älteren Dieselwagen geäußert.

Er setzt vor allem auf Prämien für den Umtausch von älteren Dieselautos in neue Fahrzeuge. Insgesamt zeichnet sich ab, dass die Bundesregierung die Autohersteller dazu bewegen will, weit mehr Geld einzusetzen als bisher geplant für Nachrüstungen und Umtauschprämien. Scholz argumentiert, dass viele Bürger gebrauchte Diesel hätten, deren Motoren durch Umbauten den Stickoxid-Ausstoß verringern sollen - das kann mehrere tausend Euro pro Auto kosten.

Das jüngste Urteil zu Fahrverboten von 2019 an in Frankfurt am Main hatte den Handlungsdruck erhöht. Merkel, die mehrfach gegen Umbauten an Motoren argumentiert hatte, öffnete sich nun dafür. In Hessen wird am 28. Oktober ein neuer Landtag gewählt. In Stuttgart soll zum Jahreswechsel ebenfalls ein Diesel-Fahrverbot greifen, in Hamburg gibt es ein solches bereits auf zwei Streckenabschnitten.

"Wenn es um Fahrverbote in Deutschland geht, reden wir über die Lebenssituation von Millionen Bürgerinnen und Bürger", betonte Scholz. "Daher wollen wir, dass es Möglichkeiten der Nachrüstung gibt." Er forderte, "dass die Industrie diese Verantwortung jetzt auch wahrnimmt, die sie hat: sicherzustellen, dass man mit den Autos, mit denen man in Deutschland fährt, auch überall hinkommt".

Scheuer hatte betont, er setze vor allem auf Umtauschanreize für neue Wagen: "Meine Priorität 1 bleibt, dass die Diesel-Besitzer ihr altes Auto in ein saubereres Fahrzeug tauschen können. Bei möglichen Hardware-Nachrüstungen für deutsche Diesel ist mein Ziel, die Selbstbeteiligung der Halter auf null zu setzen." Die SPD verweist darauf, dass sich viele Bürger auch im Fall von Prämien einen Neuwagen nicht leisten könnten. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, betonte in Berlin: "Umtauschprämien helfen wenig, wenn ich 1600 Euro brutto verdiene".

Zuvor waren Pläne bekannt geworden, dass Autobauer für bestimmte Pkw bis zu einem Preis von 3000 Euro bis zu 80 Prozent der Kosten von Motor-Umbauten tragen könnten. Autobesitzer müssten dann womöglich bis zu 600 Euro dazu zahlen.

Der Autofahrerclub ADAC sieht es positiv, dass Bewegung in die Frage der Hardware-Nachrüstungen kommt. Die Hersteller seien nun gefordert, alles zu unternehmen, um Fahrverbote zu vermeiden, sagte ADAC-Vizepräsident Ulrich Klaus Becker der dpa. Verbraucher und Steuerzahler seien bereits hoch belastet. "Deswegen müssen Nachrüstungen nicht nur für Dienstwagen-Fahrer, sondern für alle Besitzer von Diesel-Pkw möglich sein, für die das sinnvoll ist." Letztlich gehe es für die Bürger um die Gewissheit, dass sie mit nachgerüsteten Dieseln auch künftig in die Städte einfahren dürften.

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