Beschluss des Bundeskabinetts Regierung will früheres Glyphosat-Aus

Berlin · Der umstrittene Unkrautvernichter Glyphosat soll früher als geplant nur noch eingeschränkt versprüht werden dürfen. Neue Regeln gibt es für Schutzgebiete.

„Für die Landwirte toxisch“ - warnt der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied. Es gehe nicht ohne, meint SPD-Bundesuweltministerin Svenja Schulze – und lädt als Beweis zum Frühstück spezial: In einer Welt ohne Insekten sähe schon das Frühstück ganz anders aus. Ohne sie, ohne ihre Bestäubungsarbeit, bringen Obstbäume, Tomaten und so fort kaum Früchte. Darum brauche es neue Regeln, um sie zu schützen. Der Grüne Fraktionschef Anton Hofreiter meutert, es reiche alles nicht.

Mittwoch in Berlin, alle drei beziehen sich auf eins: Das Bundeskabinett verabschiedet ein Paket zum Schutz von Nutztieren und Umwelt – mit Insektenschutzprogramm, Tierwohllabel, Umschichtung von EU-Agrarsubventionen. Lang hat die Regierung darüber gestritten, vor allem Schulze und ihre Kollegin aus dem Agrarressort, CDU-Ministerin Julia Klöckner, kamen nicht überein. Am Ende steht dieser Deal:

Der Insektenschwund soll gestoppt werden – mit einem Aktionsprogramm. Entscheidend: Die Regierung legt darin ein Verbot des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat fest, der in Verdacht steht Insekten sterben zu lassen, auch Krebs zu erregen. Wortwörtlich heißt es: Verbindliche Beendigung der Anwendung von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln zum Stichtag 31. Dezember 2023“. Bereits vorher soll Glyphosat aber schon nicht mehr in Kleingärten, Weihnachtsbaumkulturen, öffentlichen Parks versprüht werden dürfen. Auch Bauern sollen es nicht mehr für die Stoppel-, Vorsaat- oder Vorerntebehandlung nutzen können. Festgelegt werden soll das, sagte Schulze, „so schnell wie möglich“ in einer Pflanzenschutzanwendungsverordnung.

„Politisch gesehen ein totes Pferd“

Schulze hatte ursprünglich auf ein Glyphosat-Aus bis 2021 gedrängt. Das verstoße aber „eindeutig gegen Europarecht“, sagte sie. Der Alleingang des einstigen Landwirtschaftsministers Christian Schmidt habe noch immer Folgen. Er stimmte 2017 in Brüssel - an Schulzes Vorgängerin vorbei - einer Zulassung von Glyphosat in Europa bis 2023 zu und machte sie damit erst möglich. Aber 2023 sei wirklich Schluss, versicherte Klöckner am Mittwoch. Das Mittel sei „politisch gesehen ein totes Pferd.“ Aber es geht nicht nur um Glyphosat. So will die Regierung den Umgang mit Ackergiften insgesamt ändern: Ab 2021 soll in Naturschutzgebieten und zahlreichen anderen Schutzgebieten, in denen bisher Insektengifte und Unkrautbekämpfungsmittel erlaubt waren, diese verboten werden. Obendrein sollen die Bundesländer für den Insektenschutz besonders wichtige Vogelschutzgebiete festlegen können, in denen die gleichen Regeln gelten. Da sich auf artenreichem Grünland oder in Streuobstwiesen gerne Insekten tummeln, sollen diese außerdem in die Liste der gesetzlich geschützten Biotope aufgenommen werden. Den Landwirten passt das nicht. Rukwied erklärte, es sei „im Grundsatz eine agrarpolitische Fehlentscheidung“, wenn über das geltende Fachrecht hinaus Auflagen die Landwirtschaft belasteten und in ihrer Wettbewerbsfähigkeit deutlich schwächten.

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