Private Krankenkassen Privatversicherte zahlen elf bis zwölf Prozent mehr

Berlin · Einige private Krankenkassen fordern 2017 deutlich höhere Beiträge. Begründet wird das mit der Niedrigzins-Phase auf den Finanzmärkten. Die Politik sieht Reformbedarf bei den Kassensystemen.

 Privatversicherte müssen demnächst mehr zahlen.

Privatversicherte müssen demnächst mehr zahlen.

Foto: picture alliance / dpa-tmn

Unangenehme Nachricht für viele privat Versicherten: Die Beiträge in der Privaten Krankenversicherung (PKV) werden demnächst zum Teil drastisch erhöht. Wie der General-Anzeiger aus sicherer Quelle erfuhr, werden mit dem Beginn des neuen Jahres die Sätze im Schnitt zwischen elf und zwölf Prozent steigen. Betroffen davon sind rund zwei Drittel der fast neun Millionen Privatversicherten. Die entsprechende Benachrichtigung durch ihre Kasse werden die meisten Versicherten bis Anfang November erhalten.

Volker Leienbach, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Verbandes der Privaten Krankenversicherung bestätigte auf Anfrage, „dass es zu untypischen Beitragserhöhungen“ kommen werde, ohne sich auf genaue Zahlen festzulegen. Leienbach begründete die Beitragssteigerungen mit der Niedrigzins-Phase auf den Finanzmärkten. „Was am Kapitalmarkt nicht zu erwirtschaften ist, muss durch eine Erhöhung der Vorsorge ausgeglichen werden“, sagte er. Dies sei „gesetzlich vorgeschrieben“. Davon seien Privatversicherte „jetzt also ebenso betroffen wie andere Sparer“ auch. Leienbach sagte weiter: „Ohne die Auswirkungen der Niedrigzinsen wäre die PKV-Beitragsentwicklung auch in diesem Jahr unauffällig.“ Schon seit Jahren liege der Ausgabenanstieg der Privaten nicht über derjenigen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Tatsächlich finden viele privaten Versicherungen für gut verzinste Anlagen, die nun auslaufen, keinen ähnlich attraktiven Ersatz. Der gewaltige Sprung erklärt sich allerdings auch aus der besonderen Systematik im Gesundheitswesen. Während die Gesetzliche Krankenversicherung ihre Beiträge jährlich anpassen kann, dürfen die Privaten erst anpassen, wenn besondere Sprünge in den Leistungsausgaben nachweisbar sind. Die Kosten des medizinischen Fortschritts werden also später, dann aber auf einen Schlag ausgeglichen.

Die Ankündigung der PKV hat in der Bundespolitik die Debatte um Sinn und Unsinn des Nebeneinanders von PKV und GKV neu befeuert. Die SPD dringt auf ein Ende des Dualismus und wirbt für ihr Modell einer einheitlichen Bürgerversicherung. Karl Lauterbach, der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, sagte, das Nebeneinander führe zu „einem unproduktiven und schädlichen Wettbewerb“. Während die gesetzlich Versicherten unter der Bevorzugung von Privatpatienten litten, stöhnten die Privatversicherten unter zu hohen Beiträgen. Hilde Mattheis, die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, sprach von einem „Schlag für viele Versicherte, die nun den Preis für ein Geschäftsmodell zahlen müssen, das nicht mehr funktioniert“.

Reformbedarf sieht man auch in der Union. Deren Gesundheitsexperte Michael Hennrich will zwar an dem Dualismus festhalten, verlangt aber Veränderungen. Kurzfristig will er den Privaten jährliche Beitragsanpassungen ermöglichen, um drastische Sprünge zu vermeiden. Langfristig plädiert er „für eine Zusammenführung der Gebührenordnungen für die ärztliche Vergütung von privaten und gesetzlichen Kassen“. Wobei den Privaten bei einem Mehr an Qualität auch Abweichungen nach oben ermöglicht werden sollen. Erhoffter Nebeneffekt: Bei gleicher Vergütung würde das Dauerproblem der angeblichen Bevorzugung oder auch Überversorgung von Privatpatienten verschwinden.

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