Auftakt der Grünen Woche Preise für Nahrungsmittel bleiben stabil

Berlin · Die deutschen Landwirte versprechen vor Beginn der Grünen Woche mehr Tierwohl und einen geringeren Düngereinsatz. Zwar ist die Stimmung in der Branche besser als im letzten Jahr, doch einige Probleme bereiten den Bauern Sorgen.

 Streicheleinheiten: Bauernpräsident Joachim Rukwied in einem Kuhstall auf der Grünen Woche.

Streicheleinheiten: Bauernpräsident Joachim Rukwied in einem Kuhstall auf der Grünen Woche.

Foto: dpa

Noch stehen die Lkw mit den Leckereien aus aller Welt vor dem Messegelände unter dem Berliner Funkturm in der Schlange. Doch bis zur Eröffnung der diesjährigen Grünen Woche an diesem Freitag werden die Spezialitäten appetitlich angerichtet sein. Rund 400.000 Besucher erwartet die größte Leistungsschau der Ernährungswirtschaft in diesem Jahr. Auf sie warten 1650 Aussteller aus 66 Ländern.

Doch bevor die größte Fressmeile der Welt für das Publikum freigegeben wird, bestimmen Politik und Zahlenwerke die Messe. Die Stimmung der Landwirte ist zwar nicht mehr am Tiefpunkt, wie im vergangenen Jahr, als die Milchpreise scheinbar haltlos in den Keller rutschten. Doch besonders gut ist sie auch nicht. „Es stimmt uns zuversichtlich, dass es zu Jahresbeginn auf den Agrarmärkten Zeichen der Besserung gibt“, sagt der Präsident des Deutschen Bauernverbands (DBV) Joachim Rukwied. Eine finanzielle Sorge der Bauern wird sich in den kommenden Jahren kaum legen. Die Bodenpreise sind stark gestiegen. Das bringt vor allem kleinere Betriebe in Bedrängnis.

Einige ungelöste Probleme

Und auch die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) ist nach einem Rekordjahr positiv gestimmt. „Nach aktuellen Schätzungen konnte der Umsatz um zwei Prozent auf 172 Milliarden Euro gesteigert werden“, berichtet BVE-Chef Christoph Minhoff. Die Exporte hätten mit fast 57 Milliarden Euro sogar einen neuen Höchstwert erreicht. Die Verbraucher können sich über weiterhin stabile Nahrungsmittelpreise freuen. Das ergab eine Befragung der Nahrungsmittelverarbeiter durch den Verband. „Eine Mehrheit geht davon aus, dass die Verkaufspreise 2017 gleich bleiben“, erläutert Minhoff.

Doch ungeachtet der wirtschaftlichen Lichtblicke sehen Landwirte und Industrie vor einer Reihe ungelöster Probleme. Wichtigstes Thema auf dieser Grünen Woche wird das Tierwohl sein. An diesem Donnerstag stellt Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt ein neue Label vor, dass für eine tiergerechte Haltung stehen soll. Noch vor dem Auftritt des CSU-Politikers hagelt es Kritik von Tierschützern daran. Streitpunkt ist die Freiwilligkeit der Kennzeichnung. Der Verein Foodwatch erwartet daher nur eine geringe Beteiligung am Gütesiegel. 80 Prozent der Tiere würden weiterhin durch die Haltungsbedingungen erkranken.

Der Bauernverband verspricht Veränderungen bei der Nutztierhaltung. Die Gesundheit der Schweine, Rinder oder Hühner soll besser werden. Doch von verbindlichen Standards will der DBV nichts wissen. Immerhin gibt es Fortschritte. Auf der Grünen Woche wird eine Technologie vorgeführt, die das Geschlecht von Küken frühzeitig bestimmen kann. Bislang werden die männlichen Tiere kurzerhand getötet, weil sie nicht gebraucht werden. Die Quälerei gehört vielleicht bald der Vergangenheit an.

Umweltministerin Hendricks fordert Umdenken

Das ist nicht die einzige Baustelle der Branche. Die EU beklagt schon länger, dass viele Böden in Deutschland zu stark mit Nitrat belastet sind. Auch hier verspricht der Bauernverband eine „Optimierung“ der Düngung. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks will sich dagegen mit losen Zusagen nicht begnügen. Sie fordert einen grundsätzlichen Umbau der Agrarwirtschaft und will Subventionen stärker an Umweltkriterien binden.

Im Mittelpunkt der Grünen Woche stehen auch die Verbraucher. Die Messe wird gerne als Testmarkt für neue Produkte genutzt, kritisch beäugt vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). In diesem Jahr hat sich der vzbv aber nicht die Hauptspeise, sondern die vielfach zusätzlich konsumierten Nahrungsergänzungsmittel genauer angeschaut. Über eine Milliarde Euro im Jahr geben Verbraucher dafür aus.

Doch der vzbv sieht Risiken und fordert ein staatliches Zulassungsverfahren und eine öffentlich zugängliche Produktdatenbank für diese Angebote. Ein Test von magnesiumhaltigen Mitteln durch den Verband ergab ein kritisches Bild. 64 Prozent der Proben waren überdosiert. Dadurch könne es zu Durchfall oder Erbrechen kommen, warnen die Experten. „Wir brauchen dringend klare Regeln für sinnvolle Dosierungen“, sagt vzbv-Chef Klaus Müller.

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