Ärzte-Sudie Patienten erhalten oft unnötige Dienste

Berlin · Eine Studie zeigt, dass in deutschen Arztpraxen zu teure Zusatzleistungen angeboten werden.

Noch immer werden Patienten zu häufig teure und unnütze Zusatzleistungen angeboten. Der nun veröffentlichte Monitor der „Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL)“ zeigt eine erhebliche Skepsis der Selbstzahler. Die Ärzteschaft verteidigt hingegen IGeL.

Warum kosten IGeL-Leistungen den Patienten etwas extra?

Die Krankenkassen übernehmen nicht alle Kosten für Leistungen, die ein Arzt erbringen kann. Bei Angeboten, die nicht zur medizinischen Grundversorgung zählen, müssen die Patienten selbst für die Kosten aufkommen. Die Palette reicht von der Reiseschutzimpfung über spezielle Prävention von Hautkrebs bis zur Ultraschallbebilderung von Schwangerschaften. Manche dieser Extradienste übernehmen einzelne Krankenkassen auch oder sie beteiligen sich daran. So übernehmen sie etwa hin und wieder die Kosten für eine professionelle Zahnreinigung.

Sind Zusatzangebote überhaupt sinnvoll?

Der Nutzen ist umstritten. Die Krankenkassen verweisen darauf, dass die Angebote medizinisch nicht notwendige seien, weshalb die Kosten nicht übernommen werden. Individuell könnten IGeL durchaus sinnvoll sein, widerspricht der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen. Auch der kritische IGeL-Monitor bewertet einige Leistungen als positiv. Dazu gehören die Akkupunktur als Migräne-Vorbeugung oder eine Lichttherapie bei Depressionen. Der Monitor stuft allerdings weit mehr Leistungen als eher schädlich oder gar negativ ein. Dazu gehört die Bestimmung des Immunglobulin G gegen Nahrungsmittel oder die Ultraschalluntersuchung der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung.

Warum kritisieren Verbraucherschützer die Ärzteschaft?

Der Hauptkritikpunkt entzündet sich an der Verkaufsstrategie vieler Fachärzte. „Die Arztpraxis wird zum Verkaufsraum“, sagt der Chef des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes der Krankenkassen (MDS), Peter Pick. Es werde dort ähnlich agiert wie bei Händlern. Die Schilderungen vieler Patienten zeugen von einem ausgeprägt merkantilen Interessen einiger Praxen. Mitunter unterschreiben die Patienten schon am Empfangstresen Leistungsangebote bei den Helfern, bevor ein Arzt eine Beratung geleistet hat. Bei Frauenärzten wird gelegentlich schon einmal indirekt Druck erzeugt, zum Beispiel, in dem man extra unterschreiben soll, wenn keine IGeL-Leistung erwünscht wird. „Die Ärzteschaft muss reagieren und ihr verhalten ändern“, verlangt Pick.

Welches Interesse haben die betreffenden Ärzte?

„Rund eine Milliarde Euro verdienen Ärzte jedes Jahr mit diesen Selbstzahlerleistungen“, sagt Pick. Spitzenreiter seien Frauen- und Augenärzte, Orthopäden, Hautärzte und Urologen. Bei den Hausärzten spielen die Extraleistungen hingegen kaum eine Rolle. Auch generell beobachtet der MDS, dass Fachärzte sich mehr und mehr besinnen und ihre Patienten ordentlich aufklären, statt ihnen viele Dienste unterzujubeln.

Gibt es auch richtig sinnvolle Zusatzleistungen?

Manche IGeL-Angebote werden nicht von der Kasse bezahlt, sind aber dennoch wichtig. Dazu gehören Schutzimpfungen bei Reisen in Gebiete, in denen zum Beispiel Tropenkrankheiten verbreitet sind. Oder der Tauglichkeitscheck, bevor eine Sportart wieder ausgeführt wird. Auch die professionelle Zahnreinigung wird vielfach als gute Vorbeugung gegen Karies empfunden.

Eine Aufstellung und Bewertung der Leistungen gibt es im Internet unter www.igel-monitor.de.

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