Ernteaussichten getrübt Deshalb werden Kirschen nun teurer

Berlin · So warm es derzeit vielerorts in Deutschland ist, so klirrend kalt war es erst vor zwei Monaten. Der plötzliche Frost versetzte Obstbäumen einen Schlag - und trübte die Ernteaussichten der Landwirte. Das bekommen auch die Verbraucher zu spüren.

 In Baden-Württemberg, einem der Hauptanbaugebiete für Kirschen in Deutschland, gibt es Einbußen von etwa 80 Prozent im Vergleich zu Vorjahren.

In Baden-Württemberg, einem der Hauptanbaugebiete für Kirschen in Deutschland, gibt es Einbußen von etwa 80 Prozent im Vergleich zu Vorjahren.

Foto: Patrick Seeger

Nach herben Ernteeinbußen wegen der Kältewelle im Frühjahr rechnen Obstbauern mit höheren Preisen für ihre Früchte. "Der Kirschpreis muss steigen und er wird steigen", sagte der Vizechef der Bundesfachgruppe Obstbau, Franz-Josef Müller.

In Baden-Württemberg - einem der Hauptanbaugebiete für Kirschen in Deutschland - gebe es Einbußen von etwa 80 Prozent im Vergleich zu Vorjahren. Grund: Viele Kirschblüten sind bei Frost im April abgestorben.

Durch das knappere Angebot am Markt seien höhere Preise unvermeidlich, zumal die Obstbauern ihre finanziellen Engpässe zumindest ansatzweise decken müssten, sagte Müller. Der Branchenvertreter geht von einem deutlichen Preisanstieg aus. So könnte ein Kilo Kirschen, das auf Märkten normalweise zwischen vier und acht Euro kostet, bald für sechs bis zehn Euro zu haben sein.

Nach Angaben der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) ist zwar aufgrund zuletzt gestiegener Importe etwa aus der Türkei der durchschnittliche Kirschpreis für Verbraucher insgesamt - also inklusive Kirschen in Supermärkten oder Discountern - im Juni sogar um 23 Cent auf 5,03 Euro pro Kilo gefallen. "Einen deutlichen Einfluss dürfte die knappe Ernte dagegen auf die bezahlten Preise im Ab-Hof-Verkauf, im Fachgeschäft oder auf dem Wochenmarkt haben, denn in diesen Einkaufsstätten dominiert deutsche Ware normalerweise", sagte der Agrarexperte Hans-Christoph Behr.

Soll heißen: In Supermärkten und Discountern dürften sich die heimischen Ernteeinbußen kaum bemerkbar machen, weil dort ohnehin nur oder großteils importierte Früchte bereitliegen. Die Einfuhren waren 2016 laut AMI "sprunghaft" gestiegen, auch 2017 könnte sich der Anstieg der Einfuhren fortsetzen.

Bauernvertreter Müller machen die Ernteeinbußen doppelt Sorgen. Zum einen, weil die Lage für viele Obstbauern ohnehin angespannt sei. Zum anderen, weil heimische Landwirte dieses Jahr Marktanteile an ausländische Konkurrenten verlieren könnten. Wenn Handelspartner erstmal umgesattelt und andere Bezugsquellen erschlossen hätten, sei die Rückgewinnung von Marktanteilen schwierig, so Müller.

Neben Baden-Württemberg gibt es noch in anderen deutschen Bundesländern Kirschernten im großen Stil. In Rheinland-Pfalz sehe es ähnlich schlecht aus wie in Baden-Württemberg, sagte Müller. Auch in Bayern - also in der Region Lindau und in Franken - verzeichne man starke Einbußen.

In Niedersachsen hingegen sei die Situation besser, weil dort Bäume an den kalten Apriltagen noch nicht voll geblüht hatten - Frost macht Kirschbäumen vor der Blüte wenig aus. Insgesamt dürfte sich laut einer Umfrage der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft unter deutschen Erzeugerorganisationen die Kirsch-Erntemenge in diesem Jahr aber etwa halbieren.

In Teilen Deutschlands läuft die Kirschernte bereits, die letzten Kirschbäume dürften im August abgeerntet sein. 2016 lag die Ernte in Deutschland bei etwa 45.000 Tonnen, davon zwei Drittel Süß- und ein Drittel Sauerkirschen. Circa gleich hoch lag die Menge der Kirsch-Importe.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort