Investitionskrise der Krankenhäuser Nordrhein-Westfalen fehlen Milliarden für Kliniken

Bonn · Laut einer Studie erhielten die 337 Krankenhäuser in NRW 2014 500 Millionen Euro. Der tatsächliche Investitionsbedarf sei aber drei Mal so hoch, meinen Forscher.

 Modernste bildgebende Untersuchungsgeräte kosten viel Geld. Nicht jede Klinik kann sie sich leisten.

Modernste bildgebende Untersuchungsgeräte kosten viel Geld. Nicht jede Klinik kann sie sich leisten.

Foto: dpa

„Wie schaffen wir es, der Bevölkerung das Gefühl zu vermitteln, dass die medizinische Versorgung in den Krankenhäusern gesichert ist?“, fragte Gesundheitsministerin Barbara Steffens. Die rhetorische Frage der Grünen-Politikerin traf den Nagel auf den Kopf, auf die Antwort warteten die Zuhörer am Donnerstagabend im Johanniter-Krankenhaus allerdings vergeblich.

Gut zwei Wochen vor der Landtagswahl in NRW diskutierte das „Bündnis für gesunde Krankenhäuser“ Wege aus der Investitionskrise der Krankenhäuser. Initiator ist die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW). Sie hatte das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) beauftragt, den Investitionsbedarf der Kliniken zu untersuchen. Mit den Ergebnissen tourt sie seit Monaten durchs Land, der Auftritt in Bonn war der letzte vor der Landtagswahl.

Eigentlich ist die Sache klar: Die Krankenkassen decken mit ihren Vergütungen der ärztlichen und pflegerischen Leistungen die Betriebskosten der Krankenhäuser, und die Landesregierung übernimmt die Investitionskosten. Nach der RWI-Studie erhielten die 337 Einrichtungen in NRW im Untersuchungsjahr 2014 insgesamt 500 Millionen Euro. Der tatsächliche Investitionsbedarf sei aber drei Mal so hoch, meinen die Forscher.

Förderlücke auch in Bonn

Klaus Szesik konnte die Größenordnung der Förderlücke aus eigener Erfahrung bestätigen. Szesik ist kaufmännischer Direktor des Gemeinschaftskrankenhauses Bonn. Er bräuchte für seine 450 Betten an drei Standorten jährlich 4,5 Millionen Euro für Investitionen, erhält aber insgesamt nur 2,2 Millionen Euro. Das Fallpauschalensystem, innerhalb dessen die Krankenkassen Durchschnittspreise für Behandlungen bezahlen, ermögliche den Krankenhäusern keine „Gewinnmargen“, erklärte Szesik. „Nur durch Management-Knowhow können wir Eigenmittel erwirtschaften.“ Dass dies auf Kosten des Personals geht, verneinte er. „Als freigemeinnützige Träger haben wir eine bessere Ausstattung als die privaten Träger“, was bedeutet, dass die kirchlichen Krankenhäuser anders rechnen können als die in privater Hand.

Die eigenfinanzierten Investitionen der Krankenhäuser unterscheiden sich in der Region sehr stark voneinander. Die Bonner Kliniken wendeten 2014 1,1 Millionen Euro auf, im Rhein-Sieg-Kreis waren es 6,9 Millionen Euro und im Rhein-Erft-Kreis gut zehn Millionen.

„Wir haben das Bündnis für gesunde Krankenhäuser geschlossen, um aus der Anonymität herauszukommen“, erklärte KGNW-Präsident Peter Brink. Dabei konzentrierte sich die RWI-Studie auf die Häuser mit Regelversorgung, die Unikliniken blieben außen vor, weil sie bereits von einem zwei Milliarden Euro schweren Förderprogramm profitieren, das die rot-grüne Regierung beschlossen hatte in Anerkennung der großen Investitionsnot.

Unterfinanzierung kein spezifisches NRW-Problem

Für die übrigen Kliniken gibt es seit vergangenem Jahr den „Krankenhausstrukturfonds“, den eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe 2015 beschlossen hatte. In NRW stehen aus diesem Topf für die Krankenhäuser 212 Millionen Euro zur Verfügung, allerdings sollen mit diesem Geld Abteilungsschließungen beziehungsweise die Zusammenlegung von Abteilungen verschiedener Häuser finanziert werden. Der Plan erkennt an, dass es in bestimmten Gegenden Überversorgungen gibt. Um Modernisierungsinvestitionen wie den Einbau eines schnelleren IT-Netzwerks geht es dabei nicht.

Tatsächlich ist die Unterfinanzierung kein spezifisches NRW-Problem. „Die Förderung der Krankenhausinvestitionen durch die Bundesländer ist in den letzten 20 Jahren von neun auf 3,5 Prozent (der Gesamtkosten) gesunken“, sagte Matthias Mohrmann, Vorstandsmitglied der AOK Rheinland-Hamburg dem GA. „Eine ausreichende Finanzierung ist aber eine grundsätzliche Voraussetzung dafür, um in eine bessere qualitative Versorgung investieren zu können, das schließt die Bildung von spezialisierten Zentren mit ein.“

Auf die Frage, wie es nach der Wahl weitergehen soll, blieben die Gäste aus der Politik einsilbig. Der CDU-Landtagsabgeordnete Peter Preuß sagte: „Alle Fraktionen haben den Bedarf erkannt.“ Wie viel Geld seine Partei locker machen würde, wollte er aber nicht sagen. Die FDP-Kandidatin Franziska Müller-Resch setzt auf Einsparungen durch Bürokratieabbau. Steffens Idee, die Krankenkassen stärker zu beteiligen, steht zumindest als Forderung im Raum.

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