Energieversorger Multi-Aufsichtsratschef Werner Brandt bei RWE unter Druck

Essen · Multi-Aufsichtsratschef Werner Brandt gerät bei RWE immer mehr unter Druck. Bei der Hauptversammlung der Aktionäre des Energiekonzerns in Essen bleibt er aber ruhig.

 Auf der Hauptversammlung: RWE-Chef Rolf Martin Schmitz, Aufsichtsratschef Werner Brandt und Finanzvorstand Markus Krebber.

Auf der Hauptversammlung: RWE-Chef Rolf Martin Schmitz, Aufsichtsratschef Werner Brandt und Finanzvorstand Markus Krebber.

Foto: AP

Werner Brandt ist perfekt vorbereitet – bis hin zur Kleidung. Für die Hauptversammlung von RWE wählte er einen blauen Anzug und eine rote Krawatte. Blau wie RWE – der Konzern, dessen Aufsichtsrat er führt. Und rot wie Eon – der Erzrivale, an den RWE die Tochter Innogy verkaufen will. Der geplante Megadeal gefällt nicht allen, die am Donnerstag in die Grugahalle nach Essen gekommen waren. Noch bevor es richtig losgeht, beantragt ein RWE-Aktionär, Brandt die Leitung der Versammlung zu entziehen. Ruhig nimmt der 64-Jährige den Antrag entgegen, lässt ihn prüfen – und als unbegründet verwerfen. Leise, unaufgeregt, höflich.

So geht Brandt auch mit den Klimaschützern um, die wie jedes Jahr das Aktionärstreffen nutzen, um gegen die Abholzung des Hambacher Forst, die klimaschädlichen Braunkohlekraftwerke und die von RWE verfeuerte „Blutkohle aus Kolumbien“ zu protestieren. Zwar bleiben Tumulte und ein Bühnensturm wie 2011 aus, doch die bis in den Abend dauernde Befragung des Vorstands will aufmerksam moderiert sein.

Seit 2013 ist Werner Brandt im Aufsichtsrat des Energiekonzerns. 2015 wurde er Chefkontrolleur, nachdem die Kommunen, die 25 Prozent an RWE halten, ihren Favoriten, RAG-Stiftungschef Werner Müller, nicht durchsetzen konnten.

Brandt hat Ruhe in den Konzern gebracht, der unter seinen Vorgängern Manfred Schneider (Ex-Bayer-Chef) und Thomas Fischer (Ex-WestLB-Chef) eine wahre Schlangengrube war. „Wir erleben Werner Brandt als uneitel, sachlich und diplomatisch, bei RWE hat er hat die Kommunen wieder ins Boot geholt, was seinen Vorgängern nicht gelungen war“, lobt Ingo Speich, Fondsmanager bei Union Investment.

Der Betriebswirt Brandt, der bis 2014 Finanzvorstand der Softwareschmiede SAP war, ist inzwischen hauptberuflich Aufsichtsrat. Neben dem Kontrollgremium von RWE führt er auch noch das der Sendergruppe ProSieben und ist einfacher Aufsichtsrat bei Siemens. Andere Mandate hat Brandt inzwischen niedergelegt, auch um Kritik an der Ämterhäufung zu begegnen. Zeitweise war er Kontrolleur bei der Lufthansa, beim Biotechunternehmen Qiagen und beim Leuchtmittelhersteller Osram.

Gefragt war er auch bei der RWE-Tochter Innogy, deren Aufsichtsrat er zeitweise in Personalunion mit dem von RWE führte. Hier ging Brandts Nettigkeit manchen zu weit. Lange ließ er den damaligen Innogy-Chef Peter Terium gewähren, der gerne viel Geld ausgab, aber das Kerngeschäft in Großbritannien vernachlässigte.

Brandt soll Terium 2017 rechtzeitig ermahnt haben, die Kosten im Blick zu behalten, heißt es in Konzernkreisen. Doch der Niederländer ignorierte das. Als er zu Jahresende mit neuen Investitionswünschen kam und mit einer Gewinnwarnung die Aktie von Innogy und RWE abstürzen ließ, zog Brandt die Notbremse und warf Terium raus. Kritiker werfen dem gebürtigen Herner vor, auch bei bei ProSieben zu spät gehandelt zu haben. Als neuer Vorstandschef hatte Thomas Ebeling einst die Sendergruppe in den Dax geführt, doch dann ging es bergab. Inzwischen ist ProSieben zugunsten des Leverkusener Chemiekonzerns Covestro in die zweite Liga abgestiegen. Brandt griff erst durch, als es nicht mehr anders ging.

Auch Geld ist für Brandt wichtig. Allein bei RWE erhielt er für 2017 eine Vergütung von 600 000 Euro. Wenn Brandt nicht gerade Konzerne kontrolliert, widmet er sich der Kunst und seiner Familie im Taunus. Gestern blieb dafür keine Zeit: 45 Redner meldeten sich zu Wort. Brandt blieb bis in den Abend – geduldig und freundlich.

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