Kommentar zum neuen Geschäftsmodell von Avia Moderner Ablasshandel

Meinung | Berlin · Der Energiehändler Avia verkauft jetzt vermeintlich klimaneutrales Heizöl. Das Angebot ist tückisch, denn am Ende geht es um ein reines Kompensationsgeschäft.

Erdöl ohne Klimaschaden ist eine super Sache. Gibt es zwar nicht. Verkauft die Firma Avia jetzt aber trotzdem. Das ist eine der Paradoxien der modernen Welt. Es funktioniert so: Den Hausbesitzern, die bei Avia Heizöl kaufen, wird garantiert, dass ein kleiner Teil ihres Geldes in Klimaschutzprojekte fließt. Dadurch könne man den weltweiten Kohlendioxid-Ausstoß reduzieren und die nachteilige Klimawirkung der eigenen Heizung ausgleichen.

Tatsächlich existieren seriöse Kompensationsmodelle, bei denen das Geld am beabsichtigten Ort ankommt und dort die beschriebene Klimaschutzwirkung entfaltet. Allerdings ist der Weg über den internationalen Handel mit Klimazertifikaten oft auch so kompliziert, dass man dabei nicht sicher sein kann.

Deshalb sollte man im Blick behalten, dass die Klimakompensation das eigentliche politische Anliegen nicht ersetzen darf. Dieses heißt „Energiewende“. Reiche Staaten wie Deutschland müssen die CO2-Emission der eigenen Wirtschaft reduzieren. Das bedeutet: Weniger Erdöl für Autos und Heizungen verbrauchen und schrittweise die fossilen Energien mehr oder weniger ersetzen. Es ist nicht damit getan, weiter zu wirtschaften wie bisher und dafür einen Ausgleich nach Indien, China oder Afrika zu überweisen. Kommt das Kompensieren in Mode und nimmt die Form eines modernen Ablasses an, könnte der ökologische Umbau der Industriegesellschaft auf der Strecke bleiben.

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