Abgasskandal Millionen Diesel vor der Umrüstung

Berlin · Daimler will neue Software für über drei Millionen Fahrzeuge bezahlen. BMW und Audi planen Ähnliches. Der Auto-Experte Dudenhöfer meint: Das reicht nicht aus.

Mit ihrer Ankündigung der Softwarenachrüstung für Millionen Dieselfahrzeuge stoßen die Autohersteller auf Kritik. „Grundsätzlich begrüßen wir die Daimler-Pläne zur Nachrüstung der EU5 und EU6 Fahrzeuge. Unklar ist bislang allerdings, wie die Nachrüstung funktioniert, und was sie bewirken kann“, sagte Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). „Über den Umfang der angekündigten Schadstoffminderung liegen uns keine Informationen vor.“

Neue Software zur Motorsteuerung

Der Daimler-Konzern in Stuttgart gab am Dienstagabend „die Ausweitung der Servicemaßnahmen auf über drei Millionen Mercedes-Benz Fahrzeuge“ bekannt. Das heißt: Die meisten bereits verkauften Wagen mit EU-Abgasnorm 5 und 6 sollen auf Kosten des Unternehmens mit einem neuen Computerprogramm zur Motorsteuerung nachgerüstet werden. Daimler will „einen Betrag von rund 220 Millionen Euro“ investieren. „Für die Kunden entstehen keine Kosten.“ Nicht nur das Software-Update, sondern auch den Werkstattbesuch will der Konzern mit jeweils insgesamt etwa 100 Euro finanzieren.

700000 Fahrzeuge bei BMW betroffen

Die Nachrüstung ist nötig, weil viele Diesel die Schadstoffgrenze unter anderem für Stickoxide nicht einhalten. Die bayerische Landesregierung erklärte, dass auch Audi und BMW bereit seien, die Kosten für eine Software-Nachrüstung zu übernehmen – allerdings nur für Diesel mit Euronorm 5. Alleine bei BMW sind bundesweit weitere rund 700 000 Fahrzeuge betroffen. Man werde die Autos allerdings nur dann nachrüsten, wenn sich die Bundesländer und die Hersteller einig seien. „Dann sind wir auch dabei“, sagte ein Sprecher.

"Dis Luft wird dadurch nicht sauberer"

Ferdinand Dudenhöfer, Leiter des Center Automotive Research (CAR) der Uni Duisburg-Essen, hält die geplante Softwarenachrüstung dagegen für nicht ausreichend. Weil dadurch möglicherweise der Dieselverbrauch der Wagen steige, „bringt das nicht genug. Die Luft in den Großstädten wird dadurch nicht sauberer.“

Dudenhöfer erklärte, dass nur Veränderungen der Motoren wirklich helfen, beispielsweise größere Tanks für die Flüssigkeit Adblue zur Schadstoffverminderung. Diese Nachrüstung würde allerdings 1000 bis 2000 Euro pro Fahrzeug kosten. Den Herstellern ist sie zu teuer.

Fahrverbote drohen

Ausgelöst wurde die aktuelle Dynamik durch die Androhung von Fahrverboten für Dieselwagen, die die Grenzwerte nicht einhalten. Die grün-schwarze Landesregierung von Baden-Württemberg hat einen neuen Luftreinhalteplan erarbeitet. Dieser ermöglicht es, bestimmten Dieselfahrzeugen die Einfahrt nach Stuttgart zu verbieten, wenn dort zu viele Schadstoffe in der Luft sind. Auch in anderen Städten, etwa München, ist diese Maßnahme im Gespräch. Umweltschützer haben mehrere Klagen eingereicht. In der kommenden Woche will das Stuttgarter Verwaltungsgericht über eine entsprechende Klage der Deutschen Umwelthilfe entscheiden.

Die Landesregierungen in Stuttgart und München, sowie Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) drängen die Autokonzerne nun zur Nachrüstung der Motoren. Weil sie die Wut der Autofahrer fürchten, möchten die Politiker vermeiden, dass es zu Fahrverboten kommt. Am 2. August wollen Dobrindt und Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) deshalb mit allen deutschen Autoherstellern reden, um eine Lösung zu beschließen. Man werde sich auf eine gemeinsame Nachrüstung verständigen, hieß es bei BMW. „Die Bundesregierung sollte nun endlich ein Regelwerk mit konkreten Vorgaben und Zielen für die Nachrüstung durch die Hersteller ausarbeiten“, forderte Baden-Württembergs Verkehrsminister Hermann.

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