Nachfolge für Draghi Merkel will für Weidmann als EZB-Chef werben

Berlin/Frankfurt · Die Amtszeit des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi endet zwar erst 2019. Doch auch die Franzosen bringen schon ihren Kandidaten ins Spiel.

 Leitet derzeit die Bundesbank: Jens Weidmann.

Leitet derzeit die Bundesbank: Jens Weidmann.

Foto: picture alliance / Franziska Kra

Mario Draghi (69) ist als Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) einer der mächtigsten Männer Europas. Seine Amtszeit endet 2019, schon jetzt beginnt die Nachfolgedebatte. Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) wollen hierbei deutsche Ansprüche geltend machen. Laut „Spiegel“ haben sie vor, sich für Bundesbankpräsident Jens Weidmann (49) einzusetzen. Ihr Argument: Nach einem Niederländer, einem Franzosen und einem Italiener sei es nun an der Zeit, dass ein Deutscher an die EZB-Spitze rücke. Weidmann soll bereit sein, das Amt zu übernehmen, sollte es ihm angetragen werden.

Auf die Frage, wie die Stellenbeschreibung für den EZB-Chef aussehen müsste, hatte Weidmann im März gesagt: „Er muss ein guter Geldpolitiker sein mit Blick für das Wesentliche.“ Zur Frage, ob es ein Deutscher sein dürfe, hatte er erklärt: „Ich fände es eigenartig, wenn man ein Land ausschließt.“

Die Bundesregierung wies darauf hin, dass Draghis Amtszeit erst 2019 ende. Die Bundesbank sprach von „einer Diskussion zur Unzeit“. Auch sie verwies darauf, dass Draghi noch bis Ende Oktober übernächsten Jahres im Amt sei.

Doch auch die Franzosen haben begonnen, für ihren Notenbankpräsidenten François Villeroy de Galhau (58) zu werben. Ihr Argument: Jetzt, wo der europafreundliche Emmanuel Macron gewählt worden sei, müsse Europa im Gegenzug auch Macron stärken. Dazu könne beitragen, das einflussreiche Amt in Frankfurt erneut einem Franzosen zu übertragen. Von 2003 bis 2011 hatte bereits der Franzose Jean-Claude Trichet die EZB geführt. Für Villeroy de Galhau spricht, dass er die ultralockere Geldpolitik mitträgt, mit der die EZB den Euro-Krisenstaaten hilft. Weidmann dagegen hat das milliardenschwere Anleihe-Kaufprogramm der EZB mehrfach kritisiert. Ohnehin sind die Deutschen wegen ihrer Sparpolitik in Staaten wie Griechenland unbeliebt.

Andererseits soll Villeroy de Galhau längst nicht das Format von Trichet haben, heißt es in Berlin. Zugleich stehen die Deutschen für gut ein Viertel der Hilfen ein. Am Ende dürfte es darauf ankommen, ob Merkel diese Machtkarte ziehen und Weidmann durchsetzen will. Auch denkbar: Man verständigt sich auf einen Kompromisskandidaten aus Nordeuropa.

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