Tausende Mitarbeiter betroffen Merck verkauft rezeptfreie Arzneien an Procter & Gamble

Darmstadt · Nasensprays, Nahrungsergänzungsmittel, Schmerzmedikamente: Mit solchen Arzneien verdient der Pharmakonzern Merck gutes Geld. Trotzdem verkauft er nun das Geschäft an den Konsumgüterriesen Procter & Gamble. Tausende Mitarbeiter sind betroffen.

 Das Darmstädter Dax-Unternehmen Merck veräußert seine Sparte mit rezeptfreien Arzneien an den US-Konsumgüterriesen Procter & Gamble. Arne Dedert

Das Darmstädter Dax-Unternehmen Merck veräußert seine Sparte mit rezeptfreien Arzneien an den US-Konsumgüterriesen Procter & Gamble. Arne Dedert

Foto: Arne Dedert

Kurz vor den Feiern zum 350-jährigen Unternehmensjubiläum kann der Pharma- und Chemiekonzern Merck einen wichtigen Erfolg verbuchen.

Das Darmstädter Dax-Unternehmen veräußert seine Sparte mit rezeptfreien Arzneien wie Nasensprays und Multivitaminpräparaten an den US-Konsumgüterriesen Procter & Gamble. Das teilte Merck mit. Betroffen von dem Verkauf sind 3300 Mitarbeiter weltweit, davon rund 300 in Deutschland.

Indes muss Merck beim Verkaufspreis Abstriche machen: Er liegt bei 3,4 Milliarden Euro. Analysten hatten den Wert der stark wachsenden Sparte zuvor auf rund 4 Milliarden Euro geschätzt.

Das Geld solle vor allem in den Abbau von Schulden fließen, erklärte Merck. Diese waren mit dem Kauf des US-Laborhändlers Sigma-Aldrich 2015 für gut 13 Milliarden Dollar stark gestiegen. Zugleich gebe es nun mehr Flexibilität, um die drei Konzernbereiche Pharma, Produkte für die Pharmaforschung und Spezialchemie zu stärken.

Procter & Gamble steckt hinter Marken wie dem Waschmittel Ariel, der Zahncreme blend-a-med oder Pampers-Windeln. Der Deal soll Ende 2018 besiegelt sein, sofern die Aufsichtsbehörden zustimmen.

Merck hatte im September angekündigt, das Geschäft mit rezeptfreien Arzneien wie dem bekannten Nasenspray Nasivin, aber auch Schmerz- und Nahrungsergänzungsmitteln abspalten zu wollen. Alleine sei es zu klein für Merck, befand Vorstandschef Stefan Oschmann. Stattdessen will er sich mehr auf die teure Entwicklung von Arznei-Blockbustern konzentrieren, die hohe Erlöse versprechen. "Wir müssen unsere finanziellen Mittel genau einteilen", sagte er.

Der Umsatz mit rezeptfeien Arzneien war 2017 um mehr als sieben Prozent auf 911 Millionen Euro gestiegen. Die Verkaufsgespräche hatten sich aber lange verzögert. Mehrere Interessenten wie der Nahrungsmittelkonzern Nestlé und der Konsumgüterriese Reckitt Benckiser sollen wegen hoher Preisvorstellungen abgesprungen sein.

Mit dem Milliardendeal wechseln nun weltweit 3300 Mitarbeiter zu Procter & Gamble. Ob ein Stellenabbau drohe, konnte eine Sprecherin nicht sagen. Gespräche mit Arbeitnehmervertretern stünden noch aus. Oschmann betonte derweil, die Sparte sei beim neuen Besitzer "hervorragend aufgehoben". Er sei daher zuversichtlich.

Procter & Gamble erklärte, das Merck-Portfolio ergänze die eigenen Gesundheitsprodukte, darunter die Zahnbürste Oral-B. Man schätze "das stabile und breit abgestützte Wachstum" der Merck-Sparte, sagte Chef David Taylor. Die Gewerkschaft IG BCE will nun mit dem US-Unternehmen über "belastbare Zusagen" für die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter und die Zukunft des Merck-Geschäfts sprechen, das mehr als 900 Produkte in 44 Absatzländern umfasst. Bei Procter & Gamble gebe es aber schon hohe Standards für die Beschäftigten, erklärte sie.

Mit dem Verkauf kann Merck pünktlich zu den Jubiläumsfeiern endlich gute Nachrichten verbreiten, nachdem das Geschäft zuletzt geschwächelt hatte. Die Abspaltung bringt einen Buchgewinn von 3 Milliarden Euro, wie Finanzchef Marcus Kuhnert sagte. Am Donnerstag findet in Darmstadt ein Mitarbeiterfest statt, Anfang Mai ist ein Festakt mit Hunderten Gästen und Kanzlerin Angela Merkel geplant. Das 1668 gegründete Unternehmen erwartet 2018 nur moderat steigende Umsätze und leichte Rückgänge beim Betriebsgewinn.

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