Kommentar zur Deutschen Bank Lasst ihn ackern

Meinung | Frankfurt · Deutsche-Bank-Chef John Cryan schaffte es nicht, die Fantasie anzuregen, wie die Deutsche Bank aus ihrer – weltweit gesehen – relativen Bedeutungslosigkeit herauskommen und wieder Gewinne erzielen will.

John Cryan hat sich gestern fast als Anti-Banker aufgebaut. Schlichter Anzug, biedere rote Krawatte, leise Stimme. Auf den Lippen eine Entschuldigung für die Fehler seiner Vorgänger. Deren Verhalten habe „nicht unseren Standards“ entsprochen. Allein in den anderthalb Jahren seiner Amtszeit als Chef der Deutschen Bank hätten diese Fehler rund fünf Milliarden Euro Strafe gekostet.

Während Cryan um Verständnis nachsuchte, sackte der Börsenkurs der Bank ab. Cryan schaffte es nicht, die Fantasie anzuregen, wie die Deutsche Bank aus ihrer – weltweit gesehen – relativen Bedeutungslosigkeit herauskommen und wieder Gewinne erzielen will. Ob und wann es eine Dividende geben werde, wie bei hoffentlich wachsendem Geschäft das Eigenkapital mitwachsen könne, ob doch eine Kapitalerhöhung nötig sein werde – auf nichts gab es eine konkrete Antwort.

War das nun bodenständig oder bieder? Cryan spaltet die Beobachter. Er lässt sich auf wenig ein, sagt nichts über noch ausstehende Rechtrisiken und Strafen, nichts über eine neue Erfolgsstrategie, verlangt Geduld. Damit verlangt er viel. Das etwas verborgene Eingeständnis, die Bank habe zwar individuelle Boni gestrichen, aber einige Halteprämien für Spezialisten aus dem Investmentbanking ausloben müssen, lässt zweifeln, ob der Kulturwandel jede Ecke der Bank schon erreicht hat. Es scheint noch zu früh, für Cryan einen Nachfolger zu suchen. Lasst ihn noch ein Jahr ackern.

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