Bankenkrise in Italien Kein Ausweg für Monte dei Paschi

ROM · Die Traditionsbank wird wohl vom italienischen Wirtschafts- und Finanzministerium gerettet. Eine Kapitalerhöhung durch Mittel privater Geldgeber war gescheitert.

 1472 gegründet: Monte Dei Paschi ist die älteste noch existierende Bank Italiens.

1472 gegründet: Monte Dei Paschi ist die älteste noch existierende Bank Italiens.

Foto: dpa

Die offizielle Frist war am Donnerstag um 14 Uhr abgelaufen. Solange hatten institutionelle Investoren Zeit, Aktien der italienischen Traditionsbank Monte dei Paschi (MPS) aus Siena zu kaufen, um die notwendige Kapitalerhöhung um fünf Milliarden Euro doch noch zu einem erfolgreichen Ende zu bringen.

Da die 1472 gegründete und damit älteste noch existierende Bank der Welt aber längst zum größten Problem der europäischen Finanzwirtschaft geworden ist, zeigten offenbar nicht genügend Anleger Interesse. Bis Redaktionsschluss am frühen Abend gab es noch keine offizielle Bestätigung, doch schien klar: Die von der Europäischen Bankenaufsicht im Sommer geforderte Kapitalerhöhung bei Monte Dei Paschi gelingt nicht mit Hilfe privater Investoren. Der italienische Staat muss eingreifen, um die drittgrößte Bank des Landes zu retten.

Dieses Szenario galt schon in den vergangenen Tagen als wahrscheinlich. Auf Antrag der Regierung hatte das Parlament in Rom bereits am Mittwoch vorsorglich einen Rettungsfonds in Höhe von 20 Milliarden Euro genehmigt, der nun zum Tragen kommen könnte. Danach soll die bereits bei 133 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegende Staatsverschuldung erhöht werden, um im Notfall neben Monte Dei Paschi auch anderen angeschlagenen Banken zur Seite zu springen. Insbesondere gelten mehrere Banken in der Region Venetien als gefährdet, darunter die Banca Popolare di Vicenza, die Veneto Banca sowie die Banca Carige. Auch sie könnten ebenfalls staatliche Hilfe benötigen.

Wie italienische Medien am Donnerstag übereinstimmend berichteten, wollte das Kabinett von Ministerpräsident Paolo Gentiloni noch am Donnerstagabend zu einer Sitzung zusammen kommen. Dabei sollten die entsprechenden Dekrete zur staatlichen Rettung des Traditionshauses verabschiedet werden. Zuvor hätte die Führung von Monte Dei Paschi formal das Scheitern der Kapitalerhöhung feststellen und Staatshilfe beantragen müssen. Über diesen Schritt war bis Donnerstag bei Redaktionsschluss noch nichts bekannt. Erwartet wurde, dass das italienische Wirtschafts- und Finanzministerium seinen Anteil an der Bank von bislang vier Prozent erhöht, für genügend Liquidität sorgt und für die Schulden der Bank garantiert. Die Prozedur einer sogenannten vorsorglichen Rekapitalisierung würde zwei bis drei Monate in Anspruch nehmen, hieß es am Donnerstag.

Vor allem zwei Probleme stehen bei diesem Vorgehen im Vordergrund. Einerseits ist fraglich, in welcher Form die etwa 40 000 Kleinanleger der Bank an der Rettung beteiligt werden. Diese Sparer könnten ihre gesamten Ersparnisse verlieren, die politischen Folgen im Wahlkampfjahr 2017 in Italien wären unkalkulierbar. Nach den neuen EU-Regeln zur Bankenabwicklung müssen zunächst die Gläubiger an den Verlusten einer Bank beteiligt werden, bevor der Staat (mit Steuergeldern) eingreifen kann. Zweitens muss die Frage geklärt werden, ob der massive Einstieg des Wirtschafts- und Finanzministeriums eine verbotene Staatshilfe darstellt oder nicht.

Bereits am Mittwoch hatte sich die Lage der Bank zugespitzt. Einer Mitteilung zufolge hieß es, die liquiden Mittel der Bank in Höhe von 10,6 Milliarden Euro reichten nur noch für vier Monate. Zuvor war die Rede davon, MPS verfüge noch über genügend Geld, um den Betrieb elf Monate lang weiter zu führen. Diese Knappheit der Mittel soll der Grund gewesen sein, warum die Europäische Bankenaufsicht einen Antrag zur Verlängerung der Frist zur Kapitalerhöhung abgelehnt hatte.

Als einer der Hauptgründe für das Scheitern der Kapitalerhöhung mit privaten Mitteln gilt der Rückzug des staatlichen Investmentfonds aus dem Golfstaat Katar. Dieser Fonds hatte ursprünglich einen Aktienkauf in Höhe von etwa einer Milliarde Euro ins Auge gefasst und hätte als Zugpferd für andere Investoren wirken können. In den vergangenen Tagen signalisierte Katar aber bereits sein geschwundenes Interesse. Mit Blick auf das Referendum über eine Verfassungsänderung in Italien am 4. Dezember hatten sich die Investoren bedeckt gehalten. Wie es heißt, schreckten der anschließende Rücktritt von Ministerpräsident Matteo Renzi die Investoren angesichts der unsicheren politischen Verhältnisse ab. In Rekordtempo wurde bereits am 12. Dezember eine neue Regierung unter Premier Paolo Gentiloni vereidigt. Deren politische Überlebenschancen gelten jedoch als äußerst gering.

Monte dei Paschi hatte beim Stresstest der Europäischen Bankenaufsicht im Sommer unter rund 130 Banken am schlechtesten abgeschnitten. Die Bankenaufsicht drängte anschließend darauf, MPS solle sich von ihren vom Ausfall bedrohten Krediten in Höhe von 28 Milliarden Euro trennen und setzte den 31. Dezember als Frist für die Kapitalerhöhung. Die Kapitalerhöhung von fünf Milliarden Euro sollte die Verluste auffangen, die bei einem Verkauf dieser faulen Kredite anfallen würden.

Das italienische Bankensystem leidet nicht nur unter Ineffizienz, sondern schleppt auch einen Berg von faulen Krediten mit sich herum. Nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds haben die italienischen Banken etwa 360 Milliarden Euro an Darlehen in ihren Büchern verzeichnet, deren Rückzahlung als unmöglich oder als nicht gesichert gilt.

Der Chef des Konkurrenten Unicredit, Jean-Pierre Mustier, rechnet unterdessen mit einem insgesamt guten Ende. Die Krise hänge auch damit zusammen, dass die Regierung den Instituten anders als in Spanien und in Portugal nicht unter die Arme gegriffen habe. „Aber ich bin extrem zuversichtlich, dass es eine Lösung für Italiens Banken gibt“, sagte Mustier dem „Handelsblatt“.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort