Warenhausbranche Karstadt und Kaufhof nehmen offenbar Gespräche über Fusion auf

Frankfurt · Es gibt Bewegung im Warenhausmarkt: Karstadt und Kaufhof nehmen offenbar wieder ihre Gespräche über ein Zusammengehen auf.

Die Warenhausketten Karstadt und Kaufhof nehmen offenbar wieder Gespräche auf über ein Zusammengehen. Es wäre Anlauf Nummer drei, ein gemeinsames Unternehmen zu gründen. „Die Deutsche Warenhaus AG“ war schon mehrfach Gesprächsthema zwischen beiden Gruppen.

Erst im Februar hatte sich Karstadt-Eigentümer René Benko eine Abfuhr beim Kaufhof-Eigner, der nordamerikanischen Hudson’s Bay Company (HBC) geholt, der Kaufhof zum 1. Oktober 2015 vom Handelskonzern Metro übernommen hatte. Auch mit dem hatte Benko schon vergeblich über ein Zusammengehen verhandelt. „Beide Unternehmen stehen unter erheblichem Erfolgs- und Kostendruck“, meint Gerd Hessert, Handelsexperte der Universität Leipzig. Denn der Online-Handel sei eine große Herausforderung.

Zusammen machen beide Warenhausketten zwischen vier und fünf Milliarden Euro Umsatz, das sind nur noch knapp drei Prozent des gesamten Einzelhandelsumsatzes in Deutschland. In den siebziger Jahren hatten Warenhäuser noch einen Anteil von 14 Prozent. Damals aber waren es auch noch mehr – Hertie und Horten waren große Konkurrenten von Karstadt beziehungsweise Kaufhof, wurden dann jedoch von diesen übernommen. Daneben betrieben auch die Versandhändler Quelle und Neckermann eigene Warenhäuser.

Seit Jahren kämpfen die verbliebenen Warenhäuser ums Überleben

Seit einigen Jahren aber kämpfen auch die beiden verbliebenen Warenhäuser ums Überleben. Karstadt war 2009 mit der damaligen Konzernmutter Arcandor in die Insolvenz gefallen, wurde dann aber vom Milliardär Nicolas Berggruen gerettet.

Der aber verkaufte das Unternehmen vier Jahre später an den österreichischen Immobilieninvestor René Benko weiter. Dem wurde zunächst nachgesagt, er habe nur Interesse an den Immobilien. Die Karstadt-Immobilien hat er tatsächlich weitgehend abgestoßen und „versilbert“.

Karstadt wieder in den schwarzen Zahlen

Nur noch die drei Premium-Häuser als auch drei normale Karstadt-Filialen in München und Berlin hat er behalten. Benko aber zeigte, dass ihm auch das Handelsgeschäft am Herzen liegt: Er stellte einige fachkundige Manager ein, darunter den jetzigen Karstadt-Chef Stefan Fanderl. Der hatte früher als Vorstand für Rewe gearbeitet.

Fanderl schaffte es in den letzten Jahren mit einem deutlichen Sanierungskurs Karstadt wieder in die schwarzen Zahlen zu bringen. Die Warenhauskette hat keine Schulden mehr, sie ist profitabel und verfügt über gut 250 Millionen Euro Liquidität. Für 2017 schreibt das Unternehmen sogar einen – wenn auch kleinen – Gewinn von 1,4 Millionen Euro, nach der Übernahme durch Benko hatte die Kette noch 190 Millionen Euro Verlust gemacht.

Das aber gelang nur mit einem harten Sparkurs: innerhalb von vier Jahren schrumpfte die Belegschaft von 3800 Stellen auf 12 500. 79 Warenhäuser gibt es noch in Deutschland, in diesem Jahr sollen zwei neue eröffnet werden. Die Gewerkschaft Verdi hat zugestimmt, dass Karstadt bis 2021 nicht nach Tarif zahlen muss, die Mitarbeiter also deutlich weniger verdienen als die Konkurrenz. Die Personalkosten wurden so bis 2017 auf 377 Millionen Euro gedrückt, 136 Millionen weniger als 2014.

„Deutsche Manager mit der Kenntnis vom deutschen Markt nicht nur einzustellen, sondern auch freie Hand zu lassen, das war ein entscheidender Schritt“, meint Thomas Roeb, Handelsexperte der Hochschule Bonn Rhein-Sieg. „Diese haben Karstadt mit einer Strategie des Schritt-für-Schritt statt des großen Sprungs ins Ungewisse wieder stabilisiert.“ Der Österreicher Benko habe vielleicht nicht unbedingt mehr Marktkenntnis als die amerikanischen Eigner des Kaufhof, wohl aber mehr Menschenkenntnis.

HBC wollte Kaufhof auf den Kopf stellen

Die Amerikaner jedoch seien mit dem Anspruch angetreten, den deutschen Warenhauskonzern Kaufhof auf den Kopf zu stellen. „Damit sind schon andere gescheitert“, erinnert Roeb: Die amerikanische Supermarktkette Wal Mart habe sich in Deutschland nicht durchsetzen können, auch der frühere Karstadt-Eigentümer Berggruen und seinem aus Südafrika stammenden britischen Deutschland-Chef Andrew Jennings habe sich auf die deutschen Besonderheiten nicht ausreichend eingestellt und habe zunächst auch nicht deutsch gesprochen.

96 Warenhäuser betreibt HBC in Deutschland, die Zahl der Beschäftigten bei Kaufhof ist seit einem Jahr um gut 1800 auf knapp 17.000 gesunken. Partnerschaften mit verschiedenen Firmen wie der Parfümerie-Kette Sephora oder etwa der Modefirma Topshop sollen wieder mehr Kunden in die Kaufhäuser bringen. Doch das scheint bisher nicht erfolgreich genug zu sein.

So hat Karstadt also einiges besser gemacht als Kaufhof unter HBC. Doch über den Berg ist auch Karstadt nicht. denn die Umsätze gehen weiter zurück- zwischen 2009, dem Jahr der Insolvenz, und 2017 von 3,5 auf nun 2,2 Milliarden Euro. Es dürfte also noch Jahre dauern, bis auch Karstadt endgültig gerettet ist.

Wenn nun beide Warenhausketten zusammengingen, dürfte das mit weiteren Sanierungen verbunden sein. Für die Arbeitnehmer seien Fragen wie der Erhalt der Standorte, Beschäftigungssicherung und Tarifbindung wichtig, sagte eine Sprecherin der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.

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