Erwartungen an die Automesse in Frankfurt IAA zeigt die Zukunft der Mobilität

Berlin/Frankfurt · Selbstfahrende Fahrzeuge werden den Verkehr verändern, das wird auch bei der IAA in Frankfurt deutlich. Umweltverbände kritisieren die Hersteller aber für zu wenig Bewegung bei alternativen Antrieben.

Der gelbe Kleinbus Cube kann fast alles: Er fährt automatisch, bremst automatisch, erkennt automatisch, wenn Fahrgäste in seinem Inneren aufstehen. Nur das mit der Tür, das haben sie beim Automobilzulieferer Continental noch nicht hingekriegt. Bevor die Testfahrt in dem autonomen Elektro-Taxi losgeht, müssen die beiden Türen manuell geschlossen werden. Per Knopfdruck – ganz altmodisch.

Durch die Digitalisierung wird sich der Verkehr der Zukunft verändern. Wie, darum wird es auch bei der Internationalen Automobilausstellung (IAA) gehen, die in dieser Woche in Frankfurt startet. Wie, darum geht es aber auch einige Kilometer entfernt vom Messegelände beim Automobilzulieferer Continental, der an seinem Frankfurter Standort den Cube entwickelt.

Autonome Fahrzeugflotten

„In den Fahrzeugen der Zukunft verschmelzen Büro und Wohnzimmer zu neuartigen, individuellen Lebensräumen auf Rädern“, sagt Conti-Chef Elmar Degenhart: „Wir wollen den Menschen mit unseren Lösungen zeigen, wie ihnen intelligente und vernetzte Mobilität neue Gestaltungsräume eröffnen kann.“ Der Cube könnte an Flughäfen als Shuttlebus eingesetzt werden – oder in Großstädten dabei helfen, den Verkehr zu entlasten. Langfristig könnten autonome Fahrzeugflotten auch helfen, den Verkehr ganz anders zu organisieren.

Pendler könnten auf das Auto verzichten und stattdessen mit der Bahn fahren. Bislang ist das für viele auch deswegen unattraktiv, weil sich die Fahrzeit durch häufiges Umsteigen und Warten zu sehr verlängert. Digitale Technik könnte dies ändern. Schon jetzt greifen viele auf Carsharing-Angebote wie Car2Go oder die Elektroroller-Flotte von Eddy zurück. Autonom fahrende Fahrzeuge könnten für zusätzliche Optionen sorgen.

Uber will Testfeld Ruhrgebiet

Beim Fahrdienstanbieter Uber bedauert man deshalb, dass ausgerechnet im dicht besiedelten NRW so wenig bei innovativen Verkehrskonzepten passiert. „Das Ruhrgebiet wäre als Ballungsraum prädestiniert für Pilotprogramme“, sagt Deutschland-Chef Christoph Weigler. In den USA und anderen Ländern wie Indien sind die Uber-Fahrzeuge längst zu einer Alternative zum klassischen Taxi geworden, in Deutschland aus rechtlichen Gründen jedoch nicht. Denn das Modell, bei dem selbstständige Fahrer für das Unternehmen unterwegs sind, ist umstritten – und verstieß hierzulande auch gegen geltendes Recht. In Deutschland ist Uber daher mit einem angepassten Modell nur noch in Berlin und München aktiv.

In den USA testet Uber – wie andere Unternehmen auch – bereits autonom fahrende Fahrzeuge. In Deutschland herrscht noch große Skepsis. Knapp jeder Dritte kann sich auf gar keinen Fall vorstellen, einem autonom fahrenden Fahrzeug komplett die Kontrolle zu überlassen, ergab eine Umfrage der Unternehmensberatung EY. Bei der IAA jedoch wird das Thema eine wichtige Rolle spielen – neben der Debatte um Abgasreinigung und alternative Antriebsarten.

"IAA wird zur Provinzveranstaltung"

Umweltverbänden gehen die Anstrengungen der Hersteller in dieser Hinsicht aber noch längst nicht weit genug. „Die 67. IAA droht zu Recht zu einer Provinzveranstaltung zu verkommen“, sagt etwa der Vorsitzende der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch. Elf Hersteller, so viele wie noch nie, hätten abgesagt, wichtige E-Fahrzeuge etwa von Nissan oder Tesla würden fehlen. „Was in diesem Jahr dominiert, sind die Dinosaurier des Autozeitalters: immer größere, schwerere Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren, darunter viele Diesel“, meint Resch. Ihm fehlen aktuell kaufbare E-Autos deutscher Hersteller mit attraktiver Reichweite und moderner Technik.

Er kritisiert zudem, dass die meisten vorgestellten Benzin-Direkteinspritzer weiterhin nicht über einen Partikelfilter verfügen. „Um 40 Euro pro Fahrzeug zu sparen, verweigern die meisten Hersteller bei den heute verkauften Benzin-Direkteinspritzern mit Euro-6-Norm den serienmäßigen Partikelfilter“, sagt Resch. Solche Benziner dürften bis Ende 2018 zehnmal höhere Partikelmengen emittieren als ein Diesel.

Forderung das Stopp für Dieselbegünstigung

Aber auch bei den Dieselmotoren vermisst der Umweltaktivist Bewegung. „Nach meinem Sachstand gibt es noch keine Typzulassung eines Diesel-Pkw nach der aktuellen Abgasnorm Euro 6d“, so Resch. Um die Automobilindustrie zu emissionsarmen und spritsparenden Fahrzeugen zu bewegen, fordert er einen Stopp für die Begünstigung von Dieselkraftstoff und ein Bonus-Malus-System bei der Kfz-Steuer. „In Skandinavien wird mitunter ein teilweise hoher fünfstelliger Betrag fällig, wenn man einen durstigen Diesel-SUV zulassen will. Andersherum gibt es staatliche Prämien, wer ein E-Auto zulässt“, sagte Resch.

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