Entwicklung von Technologien Hightechland China

München · Das Land der Mitte ist auf der Überholspur: Keine andere Nation hat bei Patentanmeldungen im vergangenen Jahr derart zugelegt.

 Vor allem im Bereich Telekommunikation gibt es in China viele Patentgesuche.

Vor allem im Bereich Telekommunikation gibt es in China viele Patentgesuche.

Foto: picture alliance / dpa

Wenn in Deutschland von der chinesischen Gefahr die Rede ist, meinen Politiker mit Blick auf Fälle wie den Augsburger Roboterbauer Kuka damit meist den vermeintlichen Ausverkauf heimischer Technologie ins Reich der Mitte. Die 1,4 Milliarden Chinesen produzieren Hightech aber längst selbst. Das verdeutlicht ein Blick in die Statistiken des Europäischen Patentamts in München, der europaweit wichtigsten Hüterin geistigen Eigentums. Um ein Viertel auf 7150 Patentanmeldungen ist die Zahl an Schutzrechtsersuchen aus China dort voriges Jahr gestiegen. Keine der 20 global führenden Patentnationen erreicht auch nur annähernd eine vergleichbare Steigerungsrate. Kluge Köpfe aus China haben ihr Land damit schon auf Rang sechs der Anmeldernationen gehoben.

Wenn nichts außergewöhnliches passiert, wird China 2017 auch die Schweiz hinter sich lassen. Selbst die Nummer vier Frankreich kommt mit gut 10 000 Anmeldungen in Reichweite. Für Deutschland mit im Vorjahr gut 25 000 Schutzrechtsersuchen hinter den USA auf Rang zwei der europäischen Patentstatistik gilt das nicht. Aber klar ist, in China, das 2016 mit einem wechselseitigen Volumen von 170 Milliarden Euro zum wichtigsten Handelspartner der Bundesrepublik aufgestiegen ist, erwächst mit Riesenschritten neue Hightech-Konkurrenz.

Das illustriert auch ein Blick auf die anmeldefreudigsten Unternehmen. An der Spitze steht dabei beim Europäischen Patentamt der niederländische Philips-Konzern mit 2016 exakt 2568 Anmeldungen (plus 6,9 Prozent). Auf Rang zwei geschoben hat sich mit Huawei ein chinesischer Telefonausrüster, der nicht nur in dieser Hinsicht ist, was Siemens einmal war. Huawei brachte es 2016 auf 2390 Anmeldungen, ein Zuwachs von gut 22 Prozent. Geht das so weiter, wird der chinesische Konzern Philips 2017 vom Patentthron stoßen. Vor drei Jahren lag Huawei noch auf Rang elf. Am aktivsten aus dem Kreis deutscher Konzerne war 2016 in dieser Hinsicht übrigens Siemens. Die Münchner schafften es im Vorjahr mit 1871 europäischen Patentanmeldungen auf Rang sechs, Tendenz sinkend.

Leitmarkt für Photovoltaik und Elektroautos

Was der deutschen Industrie aus China hinsichtlich Hightech blüht, zeigt auch ein Blick auf die Verteilung von Patentersuchen. Die konzentrieren sich im Fall von China zu 84 Prozent auf gerade einmal 15 ausgesuchte Technologiefelder allen voran Digitaltechnik, Computertechnologie und Telekommunikation. Dahinter steht politische Steuerung. Die hat andernorts bereits dazu geführt, dass der weltgrößte Hersteller von Elektroautos Build Your Dreams (BYD) heißt und aus China stammt. Auf 13 Prozent Weltmarktanteil hat es BYD 2016 gebracht klar vor US-Pionier Tesla mit neun Prozent und BMW mit sieben Prozent.

Weltleitmarkt ist China auch hinsichtlich Photovoltaik und damit bei einer weiteren ausgesprochenen Zukunftstechnologie. Hier hat Deutschland längst die einstige Führungsrolle verloren. Selbst heimische Vorzeigekonzerne wie Siemens bringen chinesische Wirtschaftsmächte ins Grübeln. So verhandeln die Münchner mit dem kanadischen Wettbewerber Bombardier über eine Fusion in der Bahntechnik.

Das ist eine Branche, die bis vor Kurzem im weltweiten Maßstab fest in der Hand eines westlichen Trios lag. Neben Siemens und Bombardier war das noch die französische Alstom. Nach einer innerchinesischen Fusion ist aber mittlerweile die hierzulande nur in Expertenkreisen bekannte CRRC aus China zum mit Abstand weltgrößten Bahntechnikhersteller aufgestiegen, der nun auch auf westlichen Märkten anzubieten beginnt. Vor allem auch deswegen verhandeln Siemens und Bombardier.

Nimmt man das alles zusammen, wird China im Eiltempo ernsthafter Konkurrent auf den Hightech-Märkten von morgen. Damit ist kein fernes Übermorgen gemeint, sondern zumindest in einzelnen Branchen die wirklich nahe Zukunft. Die Zeiten, in denen man China auf einen Absatzmarkt für westliche Waren oder verlängerte Werkbank für einfache Arbeiten reduzieren konnte, laufen aus oder sind bereits Vergangenheit.

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