Hygieneampel Grünes Licht für saubere Küchen

BONN · NRW will nächstes Jahr die Hygieneampel für Lebensmittelbetriebe einführen. Kritiker sprechen allerdings von einem „Pranger“.

 Dieses Kontrollbarometer in einem Duisburger Lokal signalisiert: Hier ist alles im grünen Bereich.

Dieses Kontrollbarometer in einem Duisburger Lokal signalisiert: Hier ist alles im grünen Bereich.

Foto: picture alliance / dpa

Ende Oktober kursierte ein Video im Internet, in dem Mäuse durch ein Restaurant der Vapiano-Kette in Hamburg liefen. Das Bonner Unternehmen entschuldigte sich mit Baumängeln, da das Lokal in einem alten Gebäude untergebracht sei, und setzte Kammerjäger auf die Nager an.

Was in Hamburg hoffentlich nur ein Einzelfall war, soll künftig in Nordrhein-Westfalen durch die neue Hygieneampel verhindert werden: Die Landesregierung in Düsseldorf will alle 150 000 Lebensmittelbetriebe zwingen, die Ergebnisse der amtlichen Lebensmittelkontrollen zu veröffentlichen – an der Ladentür und im Internet. Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) glaubt, dass sich die Unternehmen durch die Transparenz mehr anstrengen werden, Hygienevorschriften einzuhalten und die verpflichtenden Eigenkontrollen im Betrieb regelmäßig vorzunehmen. Der Landtag berät derzeit einen entsprechenden Gesetzentwurf, im nächsten Jahr soll er in Kraft treten.

Erfahrungen mit dem System hat die Verbraucherzentrale NRW in zwei Pilotprojekten gesammelt, die seit drei Jahren in Bielefeld und Duisburg laufen. Beteiligt sind rund tausend Gastronomiebetriebe. Bernhard Burdick von der Verbraucherzentrale sagt, durch die Ampel seien die Lokale in einen „Qualitätswettbewerb“ getreten. „Mehr als zwei Drittel der Betriebe haben sich von Kontrolle zu Kontrolle verbessert.“ Er sieht darin ein „Indiz, dass genau der gewünschte Effekt eingetreten ist.“

IHK Bonn/Rhein-Sieg lehnt das Gesetz ab

Bei den Unternehmen sieht man das ganz anders. Die Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg lehnt das Gesetz ab: „Die Ampel stellt komplexe Prozesse stark vereinfacht dar. Der Kunde erfährt nicht, wofür der Betrieb die Minuspunkte bekommen hat“, erklärt der IHK-Geschäftsführer Tourismus, Stephan Wimmers, gegenüber dem General-Anzeiger. Verwirrend für den Verbraucher sei zudem, warum ein Betrieb, bei dem die Ampel auf Rot steht, nicht schon längst geschlossen sei.

Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga NRW forderte vergangenes Jahr, die Hygieneampel wieder abzuschalten, nachdem das Verwaltungsgericht Düsseldorf die Veröffentlichung der Kontrollergebnisse für rechtswidrig befunden hatte. Allerdings sind das Einzelfallentscheidungen, die nur das klagende Unternehmen von der Veröffentlichung ausnehmen.

Remmel nennt sein Projekt ausdrücklich nicht Hygieneampel, sondern „Kontrollbarometer“, weil die Lebensmittelkontrolleure eben nicht nur die Hygiene überprüfen (siehe Infokasten). Die Verbraucherschutzminister von Bund und Ländern hatten sich bereits 2011 auf das Kontrollbarometer verständigt, das der Bund eigentlich gesetzlich auf den Weg bringen sollte. Die Untätigkeit will die rot-grüne Koalition in Düsseldorf nicht hinnehmen und prescht nun vor.

In der Anhörung im Landtag Anfang November kritisierte der Städtetag, dass das Kontrollbarometer allein in den kreisfreien Städten jährliche Zusatzkosten von rund sechs Millionen Euro verursachen würde. Denn Betriebe, die mit dem Kontrollergebnis nicht einverstanden sind, haben eine Beschwerde- und Anhörungsfrist und können Nachkontrollen beantragen. Die Kommunen befürchten, dafür nicht ausreichend Personal zu haben. Remmels Ministerium sieht diese Probleme nicht. Auf Anfrage erklärte sein Haus, das Land habe die Lebensmittelkontrolle bereits personell gestärkt. Außerdem werde es „allen Kommunen ein Programm zur Verfügung stellen, mit dem dann automatisch auf Knopfdruck der Ausdruck des Kontrollbarometers erfolgt“.

Verbraucherschützer Burdick hält die Ängste der Branche für grundlos. „Die häufig erwähnte Prangerwirkung gibt es nicht.“ Ohnehin seien 80 bis 90 Prozent der Betriebe im grünen Bereich. „Viele Betriebsleiter sehen, dass sie mit einem guten Ergebnis sogar werben können.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort