Gesetzentwurf zum Versandhandel mit Medikamenten Gröhe plant Schutz für Apotheken

BERLIN · Der Bundesgesundheitsminister will den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten verbieten.

Mit dem Verbot soll „die bestehende Struktur der flächendeckenden, wohnortnahen und gleichmäßigen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln auch weiterhin“ gesichert werden, heißt es in einem Gesetzentwurf, den der CDU-Politiker an das Kanzleramt sowie an die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD schickte. Der 17-seitige Entwurf liegt dieser Zeitung vor. In einem Schreiben an die Fraktionen betont Gröhe, dass noch in dieser Legislaturperiode Handlungsbedarf bestehe und bittet um eine „abschließende Beratung dieses Regelungsvorschlags bis zum Sommer“.

Gröhes Vorschlag ist die Reaktion auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Oktober. Es hat zur Folge, dass Versandhändler, die wie beispielsweise die Firma „Doc Morris“ ihren Sitz im Ausland haben, deutschen Kunden Boni gewähren können, wenn sie bei ihnen rezeptpflichtige Arzneien beziehen. Deutschen Apotheken sowie Versendern mit deutschem Sitz ist genau dies aber verboten. Ob die große Koalition Gröhes Vorschlag folgt, ist offen. Die SPD-Fraktion hat ihre Position noch nicht bestimmt. Der stellvertretende Vorsitzende Karl Lauterbach lehnt ein Verbot ab und will stattdessen die Zuschläge der Apotheker für die Nacht- und Notdienste erhöhen.

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände sieht wegen der ungleichen Wettbewerbsbedingungen eine Gefahr für die Patientenversorgung und fordert ein Verbot des Versandhandels. Diese Position teilen auch die Abgeordnete Katrin Vogler (Linke) sowie der Bundesrat. Am 25. November hatte eine Mehrheit der Länder – darunter waren die rot-grünen Landesregierungen von Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sowie die rot-rot-grüne Regierung Thüringens – einen Antrag Bayerns für ein Verbot unterstützt. Die grüne-schwarze Stuttgarter Landesregierung stimmte zwar nicht für diesen Vorstoß. Sie trug aber einen Antrag mit, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, ein Verbot zu prüfen und Lösungen vorzuschlagen, die „die Interessen der Patientinnen und Patienten an einer flächendeckenden, zeitnahen Arzneimittelversorgung“ erfüllten.

Die heutigen Strukturen sicherten eine „flächendeckende, wohnortnahe und individuelle Arzneimittelversorgung auf hohem Qualitätsniveau“, betont auf Anfrage der Stuttgarter Sozialminister Manfred Lucha (Grüne): „Sollten sich jedoch Geschäftsmodelle des Versandhandels für verschreibungspflichtige Arzneimittel etablieren, so ist zu befürchten, dass die Zahl öffentlicher Apotheken, insbesondere im ländlichen Raum, in Ermangelung einer soliden wirtschaftlichen Grundlage noch stärker zurückgeht als bisher.“ Gröhe ist zuversichtlich, dass ein Verbot europarechtlich Bestand haben wird. Es gelte in den meisten der 28 EU-Staaten. Derzeit ist der Versand verschreibungspflichtiger Arzneien in Dänemark, Estland, Finnland, den Niederlanden, Schweden und Großbritannien erlaubt.

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