Digitalisierung der Finanzbranche Google und Amazon statt Hausbank

München · Neun Prozent aller Deutschen haben laut einer Umfrage ihr Hauptkonto bei einer reinen Onlinebank. Nun drohen auch an der Schnittstelle zum Kunden gravierende Umwälzungen.

 Bankgeschäfte werden zunehmend von zuhause aus erledigt.

Bankgeschäfte werden zunehmend von zuhause aus erledigt.

Foto: pa/obs/Deutsche Bank AG

Mehr als drei von vier Bundesbürgern erledigen ihre Bankgeschäfte bereits online. Aber wenn es stimmt, was der Bundesverband Informationswirtschaft und Telekommunikation (Bitkom) bei einer Verbraucherumfrage ermittelt hat, ist das nur der Vorbote weit gravierenderer Veränderungen in einer einst als betont konservativ geltenden Branche. „Wir erleben so etwas wie die Entzauberung der Bankenwelt“, sagt Bitkom-Chef Achim Berg. So sind vier von zehn Befragten bereit, Bankgeschäfte wie Überweisungen von Dienstleistern wie Paypal oder Payback, aber auch Internetriesen wie Google und Amazon erledigen zu lassen. „Die Bankenwelt steht in den kommenden zehn Jahren vor einem ganz grundlegenden Umbruch“, sagt Berg voraus.

Auch ihn haben die hohen Zustimmungsraten deutscher Verbraucher für Google, Apple & Co in Finanzdingen überrascht. Die Nutzer digitaler Bankgeschäfte, die dann nicht unbedingt Banken erledigen, würden immer mehr und wer einmal umgestiegen ist, kennt auch kaum noch Scheu. Vor allem traditionelle Banken sind bedroht. So haben laut Bitkom-Umfrage bereits neun Prozent aller Deutschen ihr Hauptkonto bei einer reinen Onlinebank. Weitere acht Prozent planen einen Wechsel binnen zwölf Monaten und ein weiteres Fünftel ist bereit dafür. Jeder dritte Deutsche liebäugelt also mit einer reinen Online-Bank oder ist bereits zu einer solchen abgewandert.

Bankfilialen werden immer seltener aufgesucht

Die legendäre Treue Deutscher zu ihrer Bank ist aber offenbar im Schwinden. Bislang habe nur ein Drittel aller Bundesbürger einmal in seinem Leben ihr Girokonto gewechselt, sagt Berg. Drei von vier Wechslern hätten das aber schon mehrmals getan. Ist das Treueverhältnis zur Hausbank einmal gebrochen, gibt es offenbar kein Halten mehr.

Ein Drittel aller Nutzer von Onlinebanking besucht zudem überhaupt keine Bankfiliale mehr. Ähnlich viele Befragte wollen künftig nicht nur einfache Bankgeschäfte wie Kontostandsabfragen oder Überweisungen auf digitalem Weg haben, sondern auch komplexe Beratung. Der Mehrheit aller über 1000 Befragten ist es mittlerweile wichtiger, Zugriff auf digitale Bankdienste zu haben, als das Konto bei einer Bank mit bekanntem Namen zu führen. Bei Verbrauchern besonders gefragt sind dabei digitale Bankgeschäfte über Sprachsteuerung. Da ist aber selbst Digital-Lobbyist Berg vorsichtig, wenn er an Ausprägungen wie den intelligenten Amazon-Lautsprecher Alexa denkt. Denn bei dem kann nicht nur der Besitzer mithören, wie in letzter Zeit immer mehr Erfahrungsberichte enthüllt haben. „Hier habe ich Vorbehalte“, räumt der Experte ein. Von konkreten Amazon-Plänen, über Alexa auch Bankgeschäfte zu erledigen, weiß er allerdings bislang nichts.

Grundsätzlich seien digitale Bankgeschäfte beispielsweise per moderner eTan-Nummer und Smartphones mit Erkennung von Gesicht oder Fingerabdruck ausgereift und sicher, findet Berg. In den letzten beiden Jahren sind laut Bitkom die Fälle illegal abgefischter Kontodaten in Deutschland auf ein Drittel zurückgegangen. Nur noch 17 Prozent aller Deutschen würden Online-Bankgeschäften grundsätzlich zurückhaltend gegenüberstehen.

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