Schwerfälliger Energiegigant Gazprom feiert 25. Geburtstag im Moskauer Kremlpalast

Moskau · Der staatliche russische Rohstoffkonzern Gazprom feiert Geburtstag. Er ist marktbeherrschend, aber wenig effektiv.

 Ein Gazprom-Arbeiter kontrolliert nahe der ukrainischen Grenze die Gasleitung. FOTO: DPA

Ein Gazprom-Arbeiter kontrolliert nahe der ukrainischen Grenze die Gasleitung. FOTO: DPA

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Die Geburtstagsparty im Großen Kremlpalast kostet laut der Agentur Ria Nowosti knapp 1,5 Millionen Euro. Aber Gazprom hat sich schon teuere Geburtstagsgeschenke gemacht. Ende Januar wurde in Sankt Petersburg die Turmspitze des Wolkenkratzers montiert, in den die Firmenleitung umziehen will, mit 462 Meter das höchste Gebäude Europas. Laut dem Fachportal neftegaz.ru ein Eine-Milliarden-Euro-Bauwerk, der zentrale Werbe-Slogan des Ölkonzerns lautet seit Jahren: „Träume werden wahr.“

Gazprom feiert Geburtstag. Heute vor 25 Jahren wurde der Staatskonzern, der aus dem sowjetrussischen Gasministerium entstanden war, offiziell in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Eine AG, die immer sehr staatlich geblieben ist, 50,23 Prozent ihrer Anteile sind weiter in der Hand der Russischen Föderation.

Die Pipelines reichen viermal um die Erde

Und die AG ist gigantisch. Gazprom besitzt 72 Prozent der russischen und 17 Prozent der globalen Gasreserven, ist nebenher der viertgrößte Ölproduzent Russlands, seine Pipelineröhren wickeln sich mit 171.400 Kilometer viermal um den Globus, das Unternehmen beschäftigt knapp 470.000 Mitarbeiter. Zwar fielen die Gewinne der Firma im ersten Halbjahr wegen des schwachen Rubelkurses von 194,4 auf 17,4 Milliarden Rubel, im dritten Quartal verdoppelten sich gegenüber dem Vorjahr wieder auf über 200 Milliarden Rubel, umgerechnet 2,8 Milliarden Euro. Der Konzern steigerte 2017 seine Exporte außerhalb der GUS um 8,4 Prozent, sein Marktanteil in der EU beträgt jetzt mit 176 Milliarden Kubikmeter 34,7 Prozent.

„Die Gasmengen, die Gazprom ausführt, bringen natürlich viel Geld ins Land und befeuern unser Wachstum“, sagt der Petersburger Wirtschaftswissenschaftler Dmitri Trawin unserer Zeitung. „Aber der Staatsmonopolist Gazprom ist keine besonders effektive Wirtschaftslokomotive.“

Gazprom verwaltet den teuersten russischen Fußballverein

In sowjetischer Tradition verwaltet der Riese auch Betriebe, die nichts mit seinem Kerngeschäft zu tun haben, etwa den Medienkonzern Gazprom-Media, der mehrere opponierende TV- und Radiostationen unter Kontrolle des Kremls gebracht hat. Dazu die Gazprom-Bank und andere Geldinstitute, den teuersten russischen Fußballverein Zenit Sankt Petersburg oder ein neues Segelsportzentrum an der Ostsee für 60 Millionen Euro. Gleichzeitig beklagt die Nesawissimaja Gaseta, der Konzern habe den Umstieg auf Flüssiggas verschlafen und besitze erst eine einzige leistungsstarke Verflüssigungsanlage.

Dabei hat Gazprom Konkurrenz bekommen, zumindest was seine Nähe zur Staatsmacht angeht. Zwar gilt der amtierende Firmenchef Alexei Miller als alter Weggefährte Wladimir Putins aus Petersburger Tagen. Aber all seine Versuche, den staatlichen Ölkonzern Rosneft zu schlucken, scheiterten am Widerstand Igor Seschins, eines noch engeren Gefährten Putins. Beide Firmen gelten nun als ziemlich gleichgewichtige Finanzsäcke, aus denen der Kreml alle möglichen Projekte bezahlt. Wobei die Experten streiten, ob geopolitische Ziele dahinter stehen, oder sehr private Geldinteressen.

Streit die Notwendigkeit von Projekten

Das gilt vor allem für die immer neuen Pipelines, die Gazprom baut. Etwa die umstrittene Ostseepipeline „Northstream 2“, für die auch Altkanzler Gerhard Schröder, inzwischen Angestellter der Gazprom-Tochter Northstream AG, emsig wirbt. Oder die Rohrleitung „Stärke Sibiriens“ nach China, die sich nach Einschätzung von Fachleuten nur rentiert, wenn die Chinesen für das russische Gas doppelt soviel bezahlen werden wie jetzt die Europäer. Oder der „Türkische Strom“, eine Rohrleitung in die Türkei, deren Bau Gazprom startete, nachdem die in der Nähe geplante „Southstream“-Pipeline Richtung Europa am Widerstand der EU scheiterte. Viele russische Beobachter halten beide Projekte für nötig, um die unzuverlässige Ukraine als Transitland zu umgehen. Andere aber verweisen darauf, dass schon die vorhandenen Exportröhren nicht ausgelastet sind.

Und die Internationale Energieagentur prophezeit Gazprom angesichts neuer Anbieter bis 2040 einen Rückgang seiner Exporte nach Europa um ein Viertel. Trotzdem bauen die Russen weiter an ihrer „Sackgassen-Pipeline“ Richtung Türkei, die Kosten dafür sind gerade von sechs auf sieben Milliarden Dollar gestiegen. „Dieses Projekt ist kommerziell sinnlos“, schimpft der Energie-Experte Michail Krutichin gegenüber der Nowaja Gaseta. Die Kostenvoranschläge seien aufgeblasen, oft auf das Doppelte. „Gazprom benimmt sich wie eine Melkkuh für seine Auftragnehmer.“

Wladimir Putin sieht das anders. Er gratulierte Alexei Miller schon gestern persönlich zum Jubiläum. „Ich möchte meine Hoffnung äußern“, sagte Putin, „dass Gazprom weiter so effektiv arbeiten wird, wie bisher.“

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