Verbraucherschutz Gütesiegel "Blauer Engel" wird 40 Jahre alt

Berlin · Das erste Umweltzeichen der Welt wird 40 Jahre alt. Einst belächelt, wurde der Blaue Engel zu einem Gütesiegel. Heute wird er gerade von der jüngeren Generation nicht mehr wahrgenommen.

 "Engel-Papier. Jetzt!": Eine der vielen Kampagnen rund um das Siegel "Blauer Engel".

"Engel-Papier. Jetzt!": Eine der vielen Kampagnen rund um das Siegel "Blauer Engel".

Foto: pa/obs/Blauer Engel

Werden Mobiltelefone unter Achtung sozialer Aspekte gefertigt? Enthält die Wandfarbe zu viel Chemie? Trägt das Toilettenpapier zum Schutz der Wälder bei? Mit derlei Fragen befasst sich eine Jury, die vom Bundesumweltministerium eingesetzt wird. Treffen diese Merkmale auf ein Produkt zu, erhält es auf Antrag des Herstellers den Blauen Engel. Das Signet mit dem blauen Rand ist das weltweit älteste Umweltsiegel. Es wurde vor genau 40 Jahren, im Oktober 1978 eingeführt. In Berlin will der Blaue Engel nun in die Zukunft mit einer veränderten Konsumwelt durchstarten.

Der Aufdruck zeigt Verbrauchern, ob ein Produkt im Vergleich zu ähnlichen Angeboten möglichst umweltverträglich hergestellt wird. „Ein Papierprodukt aus 100 Prozent Altpapier spart den gesamten Rohstoff für die Neupapierproduktion ein, ein emissionsarmer Lack enthält sehr viel weniger Lösemittel und andere Schadstoffe, eine wassersparende Armatur spart eine Menge Wasser“, erklären die Herausgeber, unter anderem das Bundesumweltministerium. Rund 12.000 Produkte tragen das Label derzeit. 1600 Unternehmen schmücken sich damit. Einer Umfrage der Organisation zufolge kennen neun von zehn Verbrauchern das Umweltzeichen. 40 Prozent der Konsumenten orientieren ihre Kaufentscheidung daran.

Hinter dem Siegel stehen neben dem Bundesumweltministerium das Umweltbundesamt, die Jury Umweltzeichen und die Vergabestelle RAL GmbH. In der Jury sind von den Verbraucherverbänden über die Wirtschaft bis hin zu den Kirchen nahezu alle gesellschaftlichen Interessengruppen vertreten. Die Vergabestelle wiederum kümmert sich um die Anhörung von Experten zu den jeweiligen Produktgruppen. „Der Blaue Engel bietet all denen Menschen Orientierung, die bewusst einkaufen und die darauf achten, dass sie langlebige, energieeffiziente, gesundheitsschonende Produkte erwerben“, lobt Bundeskanzlerin Angela Merkel das Siegel. Sie fordert aber auch von den Verbrauchern, beim Einkauf Verantwortung für den Umweltschutz zu übernehmen.

Nicht immer umweltfreundlich

Bei allem Erfolg, der dem Gütezeichen zugesprochen wird, gibt es auch Kritik. „Der Blaue Engel bescheinigt keineswegs die völlige Unbedenklichkeit eines Produkts“, stellt das Umweltportal Utopia.de fest. Er sage lediglich aus, dass es im Vergleich zu Konkurrenzangeboten besser abschneide. So erwecke der Engel zum Beispiel bei Elektrogeräten den Eindruck von Umweltfreundlichkeit. Das seien die Geräte aber gar nicht. Auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) sieht Schwächen. So würden die Produkte nur alle fünf Jahre auf ihre Inhaltsstoffe hin überprüft, sagt VZBV-Nachhaltigkeitsexpertin Kathrin Krause. „Es finden derzeit keine unabhängigen Stichproben statt.“

Für viele Hersteller ist das Siegel jedoch ein Wettbewerbsvorteil. Und es hilft bei Aufträgen der öffentlichen Hand. Die Einkäufer der Verwaltungen dürfen bei Vergaben den Blauen Engel zu einem Kriterium machen. Es wird von den Verbrauchern trotz der großen Anzahl verschiedener Gütezeichen im Handel als Umweltzeichen erkannt. Rund 1000 Siegel gibt es mittlerweile, von der Bioware bis hin zum fairen Handel. Es gibt aber keine einheitlichen Kriterien.

Der Blaue Engel soll nun weiterentwickelt werden. Die Bedürfnisse von Familien und die Ausdehnung auf weitere Dienstleistungen stehen auf dem Programm. Denn das Signet ist unter jüngeren Leuten nicht mehr sehr bekannt. Drei Viertel der zertifizierten Produkte gehören nicht zum alltäglichen Einkauf, sind eher im Bau- oder Elektromarkt zu finden. Das soll sich ändern. „Wir haben empfohlen, besonders junge Menschen in der Phase der Haushaltsgründung und junge Eltern anzusprechen“, sagt Barbara Birzle-Harder vom Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) in Frankfurt. So könne der Engel an die nächste Generation herangeführt werden.

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