Interview mit Gunnar Herrmann Ford-Chef über den Dieselskandal und schwierige Wege

Köln · Gunnar Herrmann, Ford-Chef in Deutschland, über den Dieselskandal und die schwierigen Wege zur Senkung des Schadstoffausstoßes.

Die Autoindustrie wird wegen des Diesel-Skandals teils heftig kritisiert. Städte führen Fahrverbote ein oder diskutieren über sie. Macht es noch Spaß, Automanager zu sein?

Gunnar Herrmann: Ja absolut, die Automobilindustrie ist nach wie vor eine sehr spannende Branche. Aber ich kann den Unmut der Öffentlichkeit nachvollziehen, wenn immer wieder tröpfchenweise schlechte Nachrichten aus der Autoindustrie kommen. Wichtig ist aber auch, immer eine klare Position zu beziehen. Ich bleibe dabei: Hardware-Nachrüstungen sind für unsere Fahrzeuge nicht machbar, weil es die Fahrzeugarchitektur nicht zulässt. Auch die nötigen Zertifizierungen dafür sind nicht innerhalb kurzer Zeit zu schaffen. Die Hersteller haben gerade alle Hände voll zu tun mit den Zertifizierungen für die neue Abgasstufe Euro 6d-temp, die ab September gilt. Wir sollten nach vorne denken und dafür sorgen, dass mehr saubere Diesel auf die Straße kommen. Dann wird Jahr für Jahr der Schadstoffausstoß dramatisch sinken und 2020 kein Thema mehr sein.

Die EU verlangt einen geringeren CO2-Ausstoß der Fahrzeuge. Pro Kilometer darf der ab 2021 im Durchschnitt noch 95 Gramm pro Kilometer betragen. Erreicht Ford dieses Ziel?

Herrmann: Und bis 2030 soll der CO2-Ausstoß nach den Plänen der Kommission um weitere 30 Prozent sinken. Das ist extrem sportlich und für die Autobauer eine größere Herausforderung als die Luftschadstoffe. 95 Gramm entsprechen bei einem Diesel einem Verbrauch von 3,6 Liter Kraftstoff auf 100 Kilometern und bei einem Benziner von 4,1 Litern maximal. Wir stellen uns dieser Herausforderung und sind zuversichtlich, die Ziele zu erreichen. Allerdings wird das zunehmend schwieriger, wenn der Marktanteil von Dieselfahrzeugen, deren CO2-Ausstoß geringer ist, weiter fällt. Und wenn wir das CO2-Ziel um ein Gramm überschreiten, reden wir bei Ford über 400 Millionen Euro an Strafzahlungen. Das kann also keine Alternative sein.

Die könnte Ford mit mehr Elektrofahrzeugen, die bei Flottenverbrauch positiv angerechnet werden, reduzieren. Müssen Sie mehr Elektroautos bauen?

Herrmann: Letztlich ja. Selbst der heutige Fiesta, der sehr effizient ist, stößt gemessen an der EU-Vorgabe für 2021 ein Gramm CO2 zu viel aus. Das können wir nur durch Elektrofahrzeuge kompensieren. Bis 2022 wollen wir 40 elektrifizierte Modelle auf die Straße bringen. Die Kunden sind bei E-Autos aber eher reserviert, weil es noch an der Infrastruktur für sie hapert.

Eigentlich paradox. Geredet wird über Vier-Liter-Autos und Elektroautos, gekauft werden auch große SUVs. Wie sehen Sie da die Zukunft von Kleinwagen wie dem Fiesta?

Herrmann: Der Fiesta ist unser erfolgreichstes Modell in Europa und die Nummer 1 in seinem Segment. Doch wegen der Kostenstruktur sind Kleinwagen besonders schwer zu elektrifizieren. Es gibt E-Kleinwagen ab 15.000 Euro. Das ist im Wesentlichen der Preis für die Batterie. Ansonsten ist das Auto sehr abgespeckt und in der Ausstattung nicht mit einem heutigen Fiesta zu vergleichen. Deshalb sind die E-Autos, die demnächst auf den Markt kommen, oft Fahrzeuge im höheren Preissegment. Auch unser elektrifiziertes CUV, das 2020 auf den Markt kommt, wird in einem höheren Preissegment angesiedelt sein.

Was heißt das für die Fiesta-Produktion in Köln?

Herrmann: Die wird bis Mitte der 2020er Jahre stabil sein. Es wird weiter Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren geben. Batterie-elektrische Fahrzeuge werden wir eher in den großen Fahrzeugen sehen, darunter dann die Hybride, angefangen mit den Plug-In-Hybriden mit höherer elektrischer Reichweite, die an der Steckdose aufgeladen werden können. Kleinwagen werden meiner Meinung nach an Attraktivität gewinnen, weil sie relativ viel Platz und Komfort für vergleichsweise wenig Geld bieten.

In den ersten vier Monaten hat Ford in Deutschland bei den Pkw einen Marktanteil von rund 7,5 Prozent erreicht...

Herrmann: Der Fiesta läuft auf Hochtouren. Die Fertigung in Köln ist komplett ausgelastet. Auch der EcoSport läuft am Anschlag. Mondeo, S-Max und Galaxy entsprechen unseren Erwartungen. Hervorragend läuft der Edge, und der neue Mustang ist für dieses Jahr weitestgehend ausverkauft.

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