Geldpolitik EZB-Chef Mario Draghi hält an Nullzinskurs fest

FRANKFURT · Noch sieht der oberste europäische Währungshüter keine Anzeichen, „dass die Inflation fundamental steigt“. Die Preise klettern derweil.

 Lächelnd erscheint EZB-Präsident Mario Draghi zur Pressekonferenz in Frankfurt. FOTO: DPA

Lächelnd erscheint EZB-Präsident Mario Draghi zur Pressekonferenz in Frankfurt. FOTO: DPA

Foto: dpa

Die Europäische Zentralbank hält an ihrer lockeren Geldpolitik fest: Die Zinsen bleiben also bei null Prozent beziehungsweise bei minus 0,4 Prozent für Banken, die über Nacht Gelder bei der EZB parken. An der Flutung der Märkte mit Geld hält die EZB weiter fest: Erst im Dezember hatte sie das Anleihekaufprogramm bis mindestens Ende dieses Jahres verlängert. Das Volumen steigt damit insgesamt auf 2,28 Billionen Euro.

EZB-Präsident Mario Draghi verteidigte diese Politik. Die Inflation im Euroraum habe zwar angezogen. Im Dezember war sie sogar wegen höherer Energiepreise ungewöhnlich kräftig auf 1,1 Prozent gestiegen, nachdem sie im November noch bei 0,6 Prozent gelegen hatte. Das war ein so starker Sprung wie seit drei Jahren nicht mehr. Draghi rechnet zwar wegen der Energiepreise auch mit einer weiteren Erhöhung. Aber er sieht noch keine Anzeichen für einen „überzeugenden“ Trend dafür, dass die Inflation fundamental steige. „Verbale Gymnastikübungen“ seien das, sagt Christoph Kutt, Anleiheexperte der DZ-Bank. Draghi werde wohl weiter auf Zeit spielen und hinsichtlich der EZB-Strategie in ein Mantra verfallen, also immer wieder auf die niedrige Inflationsdynamik und Abwärtsrisiken hinweisen.

Von der amerikanischen Notenbank Fed lässt er sich jedenfalls nicht in Zugzwang bringen. Erst am Mittwochabend hatte deren Präsidentin Janet Yellen einen aggressiveren Kurs angekündigt: Bis 2019 werde es mehrere Zinserhöhungen geben. Ein zögerlicher Kurs könne sich bitter rächen. Denn die Fed sei ihren Zielen, nämlich Vollbeschäftigung und stabile Preise, nahe. Wenn sie jetzt nicht handle, müsse sie das später tun – und dann könnte die amerikanische Wirtschaft in eine Rezession abrutschen. Ob diese Warnungen der amerikanischen Notenbankchefin sehr ernst zu nehmen sind, daran hat Claudia Windt, EZB-Expertin der Helaba, jedoch Zweifel – schließlich habe Janet Yellen auch im vorigen Jahr Zinserhöhungen immer wieder verschoben. Der starke Dollar, den auch der neue Präsident Donald Trump schon moniert hat, könne auch wegen der Ölpreisentwicklung nur eine vorübergehende Erscheinung sein. Die EZB wiederum hat gegen einen starken Dollar wenig einzuwenden: Sie betreibe zwar keine Wechselkurspolitik, sagte deren Präsident Mario Draghi auch gestern wieder. Allerdings hätten die Wechselkurse natürlich Einfluss auf die Preisstabilität und das Wachstum der Volkswirtschaft.

Die Geldpolitik der EZB und der Fed werden sich also zunächst einmal auseinander entwickeln. Die leicht anziehende Inflation aber bedeutet, dass Sparer in Europa real Geld verlieren, wenn die Inflationsrate die Zinsen „auffrisst“. Kreditnehmer aber können sich freuen: Zumindest von geldpolitischer Seite sei kurzfristig nicht mit Aufwärtsimpulsen zu rechnen, sagt Michiel Goris, Vorstandschef der Interhyp. Dass Draghi bald den Ausstieg aus den Anleihekäufen anstreben könnte , damit rechnet auch Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank nicht. „Die EZB steht unter dem Einfluss der hochverschuldeten Länder im Euroraum“, sagt er. Allerdings weisen Experten auch darauf hin, dass die EZB nicht mehr als ein Drittel der Anleihen im Euroraum aufkaufen dürfe. Dass aber dürfte wohl Anfang 2018 der Fall sein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Um die Wurst
Kommentar zur Tierwohl-Kennzeichnung Um die Wurst