Gegenwind für Umwelthilfe Die Kritik an dem Verein wächst

Berlin · Der Bonner Jurist Hüttemann gibt dem Verein Rückendeckung. Das sind seine Gründe.

Im Bemühen um mehr Klimaschutz im Verkehrssektor will die Bundesregierung weiterhin alle Maßnahmen in Betracht ziehen – bis hin zu Tempolimits und höheren Abgaben auf Treibstoff. „Es gibt jetzt noch keine politische Festlegung, was wir wollen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin und warb für ein „schlüssiges Gesamtkonzept.“

Zuvor hatte die Ideensammlung der Regierungskommission „Nationale Plattform Zukunft der Mobilität“, die im Verkehrsministerium angesiedelt ist, für heftige Reaktionen gesorgt. In dem Papier erwägen Experten aus Industrie, Kommunen und Umweltverbänden diverse Maßnahmen, um bis 2030 den CO2-Ausstoß drastisch zu reduzieren. Mit dabei: Ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf Autobahnen und eine Spritsteuer von dann 52 Cent je Liter. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte das klar abgelehnt. Unterstützung kam von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) die gar ein Tempolimit von 120 auf Autobahnen fordert.

Teils aggressive Kampagnen

Doch die Organisation steht zunehmend unter Druck. Wegen ihrer teils aggressiven Kampagnen insbesondere gegen Dieselfahrzeuge, die diversen Klagen auf Fahrverbote in Kommunen und ihr Abmahngeschäft hat sie sich viele Feinde gemacht. Bei CDU und CSU wird deswegen darüber diskutiert, ihr die staatlichen Zuschüsse zu streichen und die Gemeinnützigkeit prüfen zu lassen. Erst am Wochenende hatte sich CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer beim CSU-Parteitag dazu geäußert.

Bei Rainer Hüttemann stößt das auf massive Kritik. Der Direktor des Instituts für Steuerrecht an der Uni Bonn ist Autor des juristischen Standardwerks für Gemeinnützigkeitsrecht. Er halte „die von der Union angezettelte Debatte über die Gemeinnützigkeit der DUH für rechtlich nicht fundiert“, sagte Hüttemann unserer Redaktion. Ob eine Organisation wie die Umwelthilfe gemeinnützig ist, hänge nicht von politischen Einschätzungen, sondern allein davon ab, ob die Organisation die in der Abgabenordnung bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen erfülle. Zudem sei dafür allein die Finanzverwaltung des jeweiligen Bundeslandes zuständig, sagte Hüttemann. Für die Gemeinnützigkeit sei es unerheblich, in welcher Höhe eine Organisation Spenden erhält oder in welchem Umfang sie sich durch wirtschaftliche Tätigkeiten zusätzliche Mittel für ihre satzungsmäßigen Zwecke beschafft.

Bescheid vom Finanzamt gilt bis 2023

Auch die Höhe der Personalkosten sei solange unschädlich, wie der Einsatz von Personal und die Höhe der gezahlten Gehälter wirtschaftlich vertretbar seien. „Nach meiner Einschätzung gibt es derzeit keinen Anlass, die Gemeinnützigkeit der Umwelthilfe in Frage zu stellen“, sagte Hüttemann und fügte hinzu: „Mich erinnert die ganze Diskussion an das bekannte Motto: Der Überbringer der schlechten Nachrichten wird erschlagen.“ DUH-Chef Jürgen Resch gab am Montag bekannt, dass das Finanzamt einen entsprechenden Bescheid bis 2023 ausgestellt habe.

Hüttemann sieht aber bei der Diskussion auch mögliche Folgen für andere Gruppen. „Die Debatte ist insofern kritisch zu sehen, als man mit ähnlichen Argumenten auch die Gemeinnützigkeit anderer – politisch unliebsamer – Organisationen in Zweifel ziehen könnte.“ Die Vorstöße der Union würden nicht mit dem Vorhaben des Koalitionsvertrags zusammenpassen, die Gemeinnützigkeit und bürgerschaftliches Engagement in Deutschland fördern zu wollen.

Gesellschaftskritischer dritter Sektor

„Gerade in diesen Zeiten brauchen wir einen gesellschaftskritischen dritten Sektor“, sagte der Top-Jurist. Gleichwohl gibt er zu bedenken: „Sicherlich hat sich die Kritik auch an der Art, wie die Umwelthilfe und ihr Bundesgeschäftsführer in der Öffentlichkeit auftreten, entzündet.“ Eine Überschreitung rechtlicher Grenzen erkenne er aber dabei nicht.

DUH-Chef Resch hatte die CDU als „Christliche Diesel-Union“ bezeichnet und ihr vorgeworfen, der verlängerte Arm der Autoindustrie zu sein.

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