Bruttoinlandsprodukt schrumpft Dämpfer für die deutsche Wirtschaft

Wiesbaden · Europas größte Volkswirtschaft spürt Gegenwind. Internationale Handelskonflikte belasten die Exportnation Deutschland. Es gibt aber auch hausgemachte Probleme.

 Container liegen zur Abfertigung an einem Terminal im Hamburger Hafen.

Container liegen zur Abfertigung an einem Terminal im Hamburger Hafen.

Foto: Axel Heimken

Europas Konjunkturlokomotive ist im Sommer die Puste ausgegangen: Gebremst von Problemen der Autoindustrie und schwächelnden Exporten schrumpfte die deutsche Wirtschaft erstmals seit dreieinhalb Jahren wieder.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank im dritten Quartal gegenüber dem Vorquartal um 0,2 Prozent, wie das Statistische Bundesamt an diesem Mittwoch in einer ersten Schätzung in Wiesbaden mitteilte.

Zum letzten Mal war die Wirtschaftsleistung im ersten Vierteljahr 2015 rückläufig. Damals war das BIP um 0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal gesunken. Ökonomen gehen aber davon aus, dass sich der Aufschwung in Deutschland fortsetzt.

"Der Aufschwung wurde im dritten Quartal nur unterbrochen. Ursache war die WLTP-Problematik in der Kfz-Industrie", erklärte das Bundeswirtschaftsministerium. Hintergrund sind die Probleme wegen der Umstellung auf den neuen Abgas-Prüfstandard WLTP. Weil nicht alle Auto-Modelle rechtzeitig eine Genehmigung für eine Neuzulassung hatten, mussten Hersteller die Produktion herunterfahren. "Die aufgrund fehlender Zulassungen gedrosselte Automobilproduktion wird in den kommenden Monaten aufgeholt, das Wachstum dann entsprechend größer sein", erläuterte Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater.

Die Probleme der Autobauer schlugen im Zeitraum Juli bis September auch auf den Privatkonsum durch, der als Stütze der Konjunktur gilt. Die Verbraucher im In- und Ausland warteten mit ihren Autokäufen ab. Das drückte die Konsumausgaben gegenüber dem Vorquartal.

Der Export fiel als Wachstumstreiber aus. Nach vorläufigen Berechnungen gab es im Sommer weniger Ausfuhren, aber mehr Importe als im zweiten Quartal des Jahres. Die Exportnation Deutschland leidet zunehmend unter den vor allem von den USA angeheizten Handelskonflikten. Auch ohne die Probleme in der Autoindustrie wäre die deutsche Wirtschaft wegen nachlassender Nachfrage aus China kaum noch gewachsen, erläuterte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.

Die Industrie reduzierte am Mittwoch ihre Exporterwartungen für das laufende Jahr. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) rechnet nun mit einem Wachstum der Ausfuhren von 3 Prozent, zunächst war er von einem Plus von 3,5 Prozent für 2018 ausgegangen.

Die Konsumausgaben des Staates, zu denen unter anderem soziale Sachleistungen und Gehälter der Mitarbeiter zählen, legten den Angaben zufolge leicht zu. Die Unternehmen investierten etwas mehr in Ausrüstungen, Bauten und sonstige Anlagen als im zweiten Quartal.

Gegenüber dem Vorjahreszeitraum stieg das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal preisbereinigt um 1,1 Prozent.

Im Euroraum rangierte Deutschland beim Wachstum auf dem vorletzten Platz. Nur Litauen schnitt mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent schwächer ab. Allerdings lagen noch nicht die Daten aller 19 Eurostaaten vor. Im gemeinsamen Währungsraum insgesamt stieg das Bruttoinlandsprodukt gegenüber dem Vorquartal um 0,2 Prozent, wie das Statistikamt Eurostat nach einer zweiten Schätzung mitteilte. Im zweiten Vierteljahr war die Wirtschaft noch um 0,4 Prozent gewachsen.

Ökonomen rechnen mit einer Fortsetzung des Aufschwungs in Deutschland, das weitere Wirtschaftswachstum dürfte aber an Stärke verlieren. Volkswirte, internationale Organisationen sowie die Bundesregierung hatten zuletzt ihre Konjunkturprognosen gesenkt.

So rechnen beispielsweise die "Wirtschaftsweisen" inzwischen für dieses Jahr mit einem Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts von 1,6 Prozent und für 2019 von 1,5 Prozent. Etwas optimistischer ist die Bundesregierung. Sie ging zuletzt von einem Plus von jeweils 1,8 Prozent aus. Im vergangenen Jahr hatte die deutsche Wirtschaft noch um 2,2 Prozent zugelegt.

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