Strategie wegen des Klimawandels Deutsche Bahn rüstet sich gegen Extremwetter

Berlin · Wenn Stürme wie "Friederike", Hitze oder Eiseskälte den Zugverkehr stören, trifft das Tausende Menschen. Die Deutsche Bahn investiert hunderte Millionen Euro in wettersichere Züge und Gleise.

Winterliche Eiseskälte und sommerliche Hitzewellen werden nach Ansicht Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) bald normal sein. „Wir marschieren in Richtung 45 Grad“, sagt der Forscher zu den sommerlichen Spitzenwerten. Bei erfahrenen Bahnfahrern wird diese Aussicht gewisse Sorgen auslösen. Schließlich fielen die Klimaanlagen in den Zügen in den vergangenen Jahren an heißen Tagen besonders häufig aus.

Probleme mit dem Wetter hat die Deutsche Bahn aber nicht nur bei tropischen Temperaturen. Starkregen unterspült Gleisanlagen, Stürme legen Bäume über die Fahrwege und an eisigen Tagen frieren Weichen ein. Derlei Wetterextreme häufen sich. Grund genug für Bahnchef Richard Lutz, den Klimaexperten Schellnhuber anzusprechen. Der Physiker hat ein Gutachten für die Bahn erstellt, das die Auswirkungen des Klimawandels auf den Schienenverkehr untersucht. Und die sind beträchtlich, wie Lutz erfahren musste. „Allein die drei Stürme Paul, Xavier und Herbert 2017 haben unser Ergebnis mit 70 bis 80 Millionen Euro belastet“, stellt er fest.

Laut Schellnhuber muss sich der Konzern auf eine Häufung extremer Wetterlagen einstellen. Daher will der Vorstand jetzt schon viel Geld in die Hand nehmen, damit die Bahn weniger anfällig für die Folgen des Klimawandels wird. Fünf Punkte umfasst die Strategie gegen Hitze und Regen. Jährlich 100 Millionen Euro wendet der Konzern ab sofort für die Durchforstung der Baumbestände entlang der Trassen auf. Denn umfallende Bäume haben bei den Stürmen des letzten Jahres weite Streckenteile komplett stillgelegt. Das „Vegetationsmanagement“, wie die Abteilung der Bahn heißt, soll schon vor dem Notfall potenziell entwurzelte Bäume fällen.

Auch in die Zügen wird nachgebessert. Der neue ICE 4 ist gegen den Ausfall der Klimaanlage bereits ganz gut gewappnet: In jedem Wagen gibt es zwei Kühlsysteme, die unabhängig voneinander arbeiten. Bei älteren Zügen überholt die Bahn beim routinemäßigen Generalcheck die Systeme. Überprüft werden auch die Klimaanlagen in den rund 4000 Stellwerke, die bei extremer Hitze störanfällig sind. Zudem sichert das Unternehmen seine Bauten etwa durch Schutznetze gegen Hangbewegungen. Und die Bahn will weiter CO2 einsparen, indem immer mehr Züge mit Ökostrom betrieben werden. Wirtschaftlich hält Lutz diese Investitionen für notwendig, weil der Klimawandel das System Schiene zunehmend herausfordern wird. „Wir rechnen mit Investitionszyklen von Jahrzehnten“, erläutert der Vorstand.

Ökologisch steht der Konzern laut Schellnhuber im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern gut da. Die Bahn sei Teil der Lösung der Probleme, die durch den Temperaturanstieg entstehen. Der Forscher fordert eine Verkehrswende, weg von der individuellen Mobilität. „Wer jetzt nicht einen strategischen Blick darauf wirft, wo er in 20 Jahren steht, wird untergehen.“

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