Aktien von Essenslieferant Delivery Hero startet erfolgreich an der Börse

Frankfurt · Kurs steigt am ersten Handelstag über Ausgabepreis von 25,50 Euro. Delivery Hero will 2019 schwarze Zahlen schreiben.

Der Börsengang des Essenslieferanten Delivery Hero ist gelungen. Die 39 Millionen Aktien aus dem Bestand der Altaktionäre und aus einer Kapitalerhöhung, insgesamt knapp 25 Prozent des Aktienkapitals, waren zu 25,50 Euro zugeteilt worden. Das war das obere Ende der Preisspanne gewesen. Daraus hatte sich für das Unternehmen, das seit seiner Gründung vor sechs Jahren noch nie Gewinne gemacht hat, ein Wert von rund 4,3 Milliarden Euro ergeben. Der erste Kurs, also nicht ein festgesetzter, sondern ein am Markt gefundener Aktienpreis, toppte den Emissionspreis noch. Der Makler rief ihn am Morgen mit 26,90 Euro aus. Im weiteren Tagesverlauf konnte die Aktie das Niveau halten, sogar noch steigern.

Ob dabei „helfende Hände“ der emissionsbegleitenden Banken eine Rolle gespielt haben, ist nicht feststellbar. Der Vorstandsvorsitzende Niklas Östberg läutete, wie es Tradition ist, die alte Börsenglocke jedenfalls lange über dem Kopf – nur das verheißt nach altem Börsenzauber steigende Kurse.

"Das ist ein tolles Gefühl"

„Das ist ein tolles Gefühl“, sagte Finanzvorstand Emmanuel Thomassin zu den ersten Kursen. Dass Delivery Hero, bekannt durch seine Marken „Lieferheld“, „Foodora“ oder „Pizza.de“, auch im vorigen Jahr operativ noch 116 Millionen Euro Verlust gemacht hat, störe ihn nicht. „Wir gucken erst mal nach Wachstum“, sagte er, „Profitabilität wird nachziehen.“ 2018 komme der Durchbruch, 2019 werde dann das erste Jahr mit schwarzen Zahlen sein.

In den Niederlanden, wo Takeaway.com („Lieferando“) tätig ist, hat sich Delivery Hero nicht niedergelassen. Das britische Geschäft haben sie verkauft, weil die britische Just Eat dort den Markt abräumt. „Die anderen Länder wachsen extrem schnell“, sagte Thomassin, Südamerika etwa mit einer Jahresrate von 130 Prozent. Im Mittleren Osten und Nordafrika seien es 88 Prozent, in Asien 97 Prozent. „Wir sind in 35 Märkten ohne Konkurrenz“, versicherte Thomassin.

Die Geschäftsidee ist, Essen vom Koch zum Kunden zu bringen. Über eine App wird Essen bei angeschlossenen Restaurants bestellt, das Unternehmen schickt (meist) einen Fahrradkurier los, der die Speisen abholt und sie im Thermorucksack zum Besteller transportiert. Der Kunde zahlt eine Liefergebühr von etwa 3,50 Euro, das Restaurant führt 30 Prozent der Rechnungssumme an den Lieferdienst ab. Seit 2011 besteht Delivery Hero und ist in gut 40 Ländern vertreten. Mehr als 6000 Mitarbeiter sind damit beschäftigt, Menüs aus mehr als 150 000 Restaurants auszuliefern.

Die Fahrradboten sind die Basis des Geschäfts

Zur Basis des Geschäfts gehören die Fahrradboten und ihre Entlohnung. Sie sind zwar meist fest angestellt, können aber, wie sie sagen, nicht mit einem festen Gehalt rechnen. Neun Euro die Stunde bekommen sie, auch mal 9,50 Euro. Trinkgelder können daraus 12, 13 Euro machen. Der Lieferdienst zahlt aber nur, wenn es Arbeit gibt.

Soziale Risiken gehören also zum Geschäftsmodell. Weitere Risiken: Für die Restaurants kann der Vertrieb über die Lieferdienste nur ein Zusatzgeschäft sein, dann, wenn die Grundkosten des Restaurants durch das Standardgeschäft gedeckt sind. Denn das Honorar für die Lieferdienste lässt eine Beteiligung des Liefergeschäfts an den fixen Kosten nicht zu.

Außerdem, weiß Professor Thomas Roeb, Handelsexperte an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, sei das Geschäftsmodell recht einfach zu kopieren. Es komme darauf an, der erste zu sein. Und sofort groß. Er verweist auf das Vorbild Amazon.

Die Mutter von Delivery Hero, Rocket Internet, war der Tochter an der Börse bislang kein Vorbild: Für 42,50 Euro wurden Aktien von Rocket Internet im Herbst vorigen Jahres verkauft. Gestern fielen sie, trotz des erfolgreichen Börsengangs der Tochter, auf unter 19 Euro. Das ist ein Verlust von gut 50 Prozent.

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