Interview Das sagt Verbraucherschützer Klaus Müller zum Dieselskandal

Deutschlands oberster Verbraucherschützer, Klaus Müller, äußerst sich über die Folgen des fortdauernden Dieselskandals aus Sicht der Verbraucher. Das Interview führte Birgit Marschall.

Wie reagieren die Verbraucher und die Wirtschaft auf den Rückruf von Hunderttausenden Daimler-Fahrzeugen?

Klaus Müller: Die Nachricht, dass Daimler europaweit fast 800 000 Fahrzeuge zurückruft, ist für Verbraucherinnen und Verbraucher schockierend. Nicht nur, weil erneut Hunderttausende Kunden verunsichert sind. Hier ist ein Premiumunternehmen betroffen, an dem nun der Makel hängenbleibt, gegen Recht verstoßen zu haben. Das kostet nachhaltig Vertrauen und erzeugt viel Frust: Unzulässige Abgasabschalteinrichtungen gefährden ja nicht nur das Verbrauchervertrauen, sondern schaden auch massiv der Luftqualität und damit der Gesundheit vieler Menschen.

Wie viele Verbraucher wollen sich schätzungsweise ab November der Musterfeststellungsklage gegen die Autohersteller anschließen?

Müller: Wenn Sie ein Förderprogramm einführen oder einen früheren Renteneintritt ermöglichen, wissen Sie auch nicht im Voraus, wie viele Menschen das in Anspruch nehmen wollen. Das ändert doch aber nichts daran, dass wir rechtliche Instrumente brauchen, die im Falle des Dieselskandals zur Schadensbehebung beitragen.

Wie wichtig ist es, dass die Musterfeststellungsklage auch wirklich am 1.11. scharf gestellt wird?

Müller: Die Politik muss wie angekündigt schnell handeln. Verbraucherschutzministerin Barley hat zügig einen guten Entwurf vorgelegt, der jetzt schnell im parlamentarischen Verfahren verabschiedet werden muss. Eile ist geboten, denn zum Jahresende droht Verjährung bei zig Tausenden Geschädigten durch den VW-Skandal. Die Musterklage wirkt aber verjährungshemmend, das ist einer ihrer großen Vorzüge.

Was halten Sie vom Kurs des neuen Verkehrsministers Scheuer gegenüber der Autoindustrie?

Müller: Der Verkehrsminister muss wissen, dass die Schonfrist für die deutsche Autoindustrie vorbei ist. Millionen Verbraucher sind betroffen, die Risiken sind immens. Auch seine Glaubwürdigkeit nimmt großen Schaden, wenn er es nicht schafft, die Autohersteller zur Verantwortung zu ziehen und in die Pflicht zu nehmen: Wer ein Auto für viel Geld kauft, darf doch erwarten, dass er das bekommt, was er bestellt hat. Schluss also mit der Salamitaktik. Wir Verbraucherschützer werden nicht müde zu fordern, dass Verbraucher nicht auf den Schäden sitzen bleiben dürfen. Darauf muss der Minister zügigst Antworten finden.

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