Wettbewerb in der Möbelbranche Das Schweigen der Händler

Bonn/Köln · Der Verdrängungswettbewerb in der Möbelbranche nimmt zu. Auch das Rheinland bekommt neue Konkurrenz.

 Kleinere Familienunternehmen können mit dem Tempo in der Branche nicht immer mithalten.

Kleinere Familienunternehmen können mit dem Tempo in der Branche nicht immer mithalten.

Foto: picture alliance / Malte Christi

Der Handelsverband Möbel und Küchen weiß, welchen Stellenwert die eigenen vier Wände für die deutschen Verbraucher haben. „Die Deutschen lieben es, es sich zu Hause schön zu gestalten, Gäste zu empfangen und gemeinsame Abende in behaglichem Ambiente oder auch beim gemeinsamen Kochen zu verbringen.“ So formulierte es vor wenigen Wochen Thomas Grothkopp, Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands, der nach eigenen Angaben 9000 Unternehmen mit rund 100 000 Beschäftigten vertritt.

Wer neue Möbel sucht, hat im Rheinland die Qual der Wahl. Viele der bundes- oder sogar europaweit vertretenen Unternehmen, haben zwischen niederländischer Grenze, Ruhrgebiet und Mosel mindestens einen Standort. Seit wenigen Wochen ist noch einmal kräftig Bewegung in den Markt gekommen, weil das süddeutsche Unternehmen Segmüller in Pulheim ein neues Möbelhaus eröffnet hat. Die Konkurrenz ist in Aufruhr, denn nun wird der Kuchen neu verteilt – nur, dass diesmal ein hungriger Esser mehr am Tisch sitzt. Das Problem: Der Kuchen wird nur unwesentlich größer, dafür werden die Stücke für jeden Einzelnen kleiner. Kein Wunder, dass sich die überwiegend familiengeführten Mittelständler nur allzu ungern in die Karten blicken lassen. Ob Porta (22 Standorte bundesweit), Müllerland (2), Segmüller (8), Höffner (19) oder Mambo (5) – von einer Ausnahme abgesehen ließen alle Firmen die mündlichen wie schriftlichen Anfragen der Redaktion unbeantwortet. Weder zum eigenen Unternehmen, noch zur Branche allgemein wollten sich die Möbelhändler äußern. Konkrete Zahlen zu Umsatz und Gewinn geben die Unternehmen traditionell nicht bekannt. Nur einer wagte sich wenigstens ein bisschen aus der Deckung. „Wenn neue Player dazukommen, merken dass alle Anbieter“, sagt Gert-Peter Kopprasch, Chef des Bonner Möbelhändlers Mambo: „In der gesamten Branche hat in den vergangenen fünf Jahren ein Konzentrationsprozess stattgefunden. Immer mehr kleine Geschäfte müssen aufgeben, während die Großen wachsen.“ Konkreter wird mit Marco Atzberger, Mitglied der Geschäftsführung des Handelsinstituts EHI in Köln: „Es gibt einen Trend zu großen Häusern, die mit Werbedruck unterwegs sind. Die Neueröffnung des Möbelhauses Segmüller in Pulheim hat den Wettbewerb in der Region angefacht.“

Andererseits gewinne die Region Köln/Bonn stetig Einwohner. Das führe zu erhöhter Bautätigkeit und in der Folge zu einem erhöhten Bedarf an Möbeln, so Atzberger. „Die Eröffnung neuer Möbelhäuser ist typisch für wachsende Metropolregionen, selbst wenn die Ausstattung mit Möbelhändlern bereits gut ist.“

Dass der innerstädtische Fachhandel unter der schier übermächtigen Konkurrenz auf der grünen Wiese leidet, ist nicht zu beobachten. „Der Fachhandel in der City kann sich weiterhin gut behaupten, weil er oft andere Produkte im Sortiment hat als die Möbelhäuser“, sagt Adalbert von der Osten, Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbands Bonn Rhein-Sieg Euskirchen. Gleichzeitig beobachte man, dass der Wettbewerbsdruck in der Branche stark steige. Preisdumping, Rabattspiralen und ein Verdrängungswettbewerb hätten eingesetzt, sagt von der Osten.

„Die Top-Ten im deutschen Möbelhandel erwirtschafteten im Jahr 2016 bereits über 50 Prozent des Branchenumsatzes und haben damit weiter Marktanteile hinzugewonnen“, so der Handelsverband. Befeuert werde das Wachstum im Wesentlichen durch die Übernahme bestehender Unternehmen. Der Flächenzuwachs habe sich im vergangenen Jahr allerdings abgeschwächt. Insgesamt verfüge der deutsche Möbelhandel über 23 Millionen Quadratmeter Verkaufsfläche. Hiervon würden 5,7 Millionen Quadratmeter – das ist ein Viertel der Fläche – von 165 Häusern mit mehr als 25 000 Quadratmetern Verkaufsfläche betrieben.

„Kleine Familienunternehmen, die nicht so finanzstark sind, können das Tempo in der Branche möglicherweise nicht mitgehen. Designorientierte kleinere Häuser haben dagegen Chancen auf dem Markt“, meint Handelsexperte Atzberger. Aber auch Geschäfte mit hochpreisigen Produkten verlören Kunden an die großen Häuser.

Insgesamt aber steht der Möbelhandel hierzulande gut da. Der Möbel-, Küchen- und Einrichtungsfachhandel hat im Jahr 2016 einen um 2,5 Prozent höheren Umsatz erzielt als im Vorjahr und liegt nun bei 33,4 Milliarden Euro Jahresbruttoumsatz. Und das Wachstum, so rechnet der Branchenverband, wird in diesem Jahr voraussichtlich weitergehen.

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