Neuer Übertragungsstandard für das Fernsehen Das Ende des Gratis-TV

Bonn · Am 29. März steht ein neuer Übertragungsstandard für das Fernsehen an: DVB-T2 HD. Haushalte mit Antennenfernsehen müssen bis dahin umrüsten. Fragen und Antworten zum Thema.

Fernsehen ist zu einer komplizierten Sache geworden: Hunderte Sender, verschiedene Empfangswege und eine wachsende Zahl von Anbietern, die den Inhalt zum Kunden bringen. Den Überblick zu behalten ist für Verbraucher schwierig, zumal gerade wieder eine Umstellung ansteht: Ab 29. März löst DVB-T2 HD den bisherigen Übertragungsstandard DVB-T ab.

Wer heute über Antenne seine Programme bezieht, muss prüfen, ob die technischen Voraussetzungen für den Umstieg vorhanden sind. Sonst wird er auf einen schwarzen Bildschirm schauen. Wir erklären, was zu beachten ist.

Was ist DVB-T2 HD?

Die englischsprachige Abkürzung steht für digital-terrestrisches Antennenfernsehen der zweiten Generation in hochauflösender Bildqualität. Fast alle Programme werden in Full HD verbreitet, das sind 1920 mal 1080 Bildpunkte bei 50 Vollbildern pro Sekunde. Laut Experten ist die HD-Auflösung besser als bei Kabel- oder Satelliten-TV.

Wie viele Haushalte sind betroffen?

Bundesweit haben etwa vier Millionen Haushalte einen Antennenanschluss. Wer unsicher ist, ob er DVB-T nutzt, kann sich darüber im Ersten oder bei RTL auf der Teletextseite 199 informieren. Bonn und Köln gehören zu den ersten Regionen, in denen das Sendesignal umgestellt wird. Abgeschlossen werden soll der Prozess bis Mitte 2019. Einen groben Überblick über die Reihenfolge gibt es auf der offiziellen Internetplattform http://www.dvb-t2hd.de. Wer über Kabel, Satellit oder Internet fernsieht, für den ändert sich nichts.

Warum erfolgt der Systemwechsel?

Schon bei der Umstellung von analogem auf digitales Fernsehen gab es einen Qualitätssprung bei den Bildern. Außerdem konnten durch die digitale Kompression auf derselben Bandbreite mehr Programme übertragen werden. Nach Branchenangaben ist die neuerliche Umstellung zum einen eine Reaktion auf eine Frequenzreduzierung durch den Staat, zum anderen entspricht sie den Zuschauerwünschen nach Übertragungen in höherer HD-Qualität.

Was müssen Fernsehzuschauer tun?

Sie brauchen ein Empfangsgerät, das DVB-T2-Signale verarbeiten kann. Die bisherigen DVB-T-Receiver können das nicht, sodass sie nutzlos werden. Verbraucher haben zwei Möglichkeiten: Sie können in ein DVB-T2-Empfangsgerät in Form einer externen Set-Top-Box investieren und dann wie gewohnt mit ihrem Fernseher weitergucken – oder sie legen sich einen neuen Fernseher mit integriertem DVB-T2-Empfangsteil zu. Die Stiftung Warentest hat Geräte, Receiver und Antennen getestet. Die Ergebnisse sind im Märzheft zu finden. Wichtig ist, dass alle Modelle das grüne Logo mit der Aufschrift „DVB-T2 HD“ tragen.

Müssen sich Verbraucher auch eine neue Antenne zulegen?

Nicht unbedingt. In der Regel kann die alte Antenne weiter verwendet werden. Fehlt sie, lässt sich über www.dvb-t2hd.de/empfangscheck der richtige Typ finden.

Was muss beim Kauf einer neuen Antenne beachtet werden?

Es gibt vier verschiedene Antennentypen: passive Zimmerantennen, aktive Zimmerantennen für schwierige Empfangssituationen (sie sind mit einem integrierten Verstärker ausgestattet), Außenantennen für die Hauswand und Dachantennen. In allen Fällen ist die Positionierung der Antenne wichtig, damit die Sendesignale gut empfangen werden können. In Innenräumen darf sie etwa nicht zu nah am Fernsehgerät und von Computern aufgestellt werden, die störend wirken.

Kann man auch mobil fernsehen?

Ja, über einen USB-Stick kann man auch am Laptop die TV-Programme empfangen.

Welche Programme liefert das neue Antennen-TV?

Die Anbieter werben damit, dass es künftig mehr Programme über Antenne geben wird, in Ballungsräumen versprechen sie rund 40. Im Einzelnen sind dies unter anderem Das Erste, ZDF, arte, Phoenix, 3Sat, Kika, One, Tagesschau 24, ZDF neo, ZDF Info sowie regional WDR, NDR, MDR und SWR. Bei den Privaten RTL, ProSieben, Sat.1, Vox, RTL II, Super RTL, ntv, Sixx, 7Maxx, Sat 1 Gold, RTL Nitro, Sport 1 und Kabel 1. Allerdings ist es mit dem Gratisfernsehen dann vorbei: die privaten Programme sind nur noch über eine Jahresgebühr von 69 Euro pro Gerät zu beziehen. Die öffentlich-rechtlichen Sender werden gratis bleiben.

Welche Zusatzkosten entstehen dadurch?

Wer die künftig kostenpflichtigen Privatsender sehen will, muss zusätzlich zum Kauf eines DVB-T2-tauglichen Empfangsgeräts in ein Freischaltmodul investieren, das er in sein externes DVB-T2-Empfangsgerät oder seinen Fernseher einsteckt. Auf dem Markt gibt es alternativ außerdem Empfangsboxen mit integrierter Entschlüsselungsfunktion. Sie sind aber teurer als andere Modelle. Darin enthalten ist allerdings auch ein Nutzungsgutschein für drei Monate ab Aktivierung.

Was ist am Tag der Umstellung zu tun?

Am 29. März ist lediglich ein Sendersuchlauf erforderlich. Wer neue Geräte braucht, soll sich mit dem Kauf beeilen, da es zu Lieferengpässen in den Läden kommen könnte. Nach Angaben der TV-Plattform hatten Ende Januar erst 15 Prozent der betroffenen Haushalte auf den neuen Standard umgestellt.

Welche Alternativen haben Verbraucher, wenn sie nicht auf DVB-T2 HD umsteigen wollen?

Verbraucher sollten sich die Frage stellen, ob das Antennenfernsehen noch ihren Bedürfnissen entspricht. Satellitenfernsehen ist abgesehen von den Anschaffungskosten (für Satellitenschüssel und Receiver beziehungsweise TV mit Empfangsteil) umsonst, solange keine Zusatzangebote wie Filme gebucht werden. Per Satellit können rund 300 Programme empfangen werden. Beim Kabel-TV haben Kunden in ihrer Region nur wenige Anbieter, aber das Angebot von rund 100 Programmen ist größer als beim Antennenfernsehen. Der Basisempfang kostet etwa 18 Euro monatlich. Ähnliche Vielfalt hat man beim Fernsehen über Internet (IPTV), doch benötigen Nutzer einen Breitbandanschluss. Für Neukunden liegt der Monatspreis bei etwa 30 Euro.

(Mit Material von dpa/afp)

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