Kunden sauer auf Hersteller Vorwerk Darum gibt es Krach um den neuen Thermomix

Wuppertal · Das Wuppertaler Unternehmen Vorwerk hat ein neues Modell seiner Küchenmaschine präsentiert. Die Weiterentwicklung enthält viele neue Funktionen. Doch hagelt es in den sozialen Netzwerken Kritik.

Für sein neues Top-Modell hatte sich das Wuppertaler Unternehmen Vorwerk einen Kochprofi zur Hilfe geholt. Fernsehkoch Andi Schweiger zeigte am Freitagabend in Köln, was der neue Thermomix TM6 so alles kann. 1359 Euro soll das neue Flaggschiff des Wuppertaler Unternehmens kosten – und dazu beitragen, die Erfolgsgeschichte fortzuschreiben. Ab April sollen die ersten Geräte ausgeliefert werden. Allerdings: Bei vielen Kunden kam die Neuvorstellung überhaupt nicht gut an. In sozialen Netzwerken hagelte es Kritik. Doch dazu später mehr.

Optisch hat sich der Thermomix TM6 im Vergle ich zum Vorgänger kaum verändert, das Display ist etwas größer, was wohl auch damit zusammenhängt, das das nun integrierte Rezeptportal Cookidoo über den Bildschirm leicht zu bedienen sein soll. Dafür wurde bei den Funktionen aufgerüstet. Zum ersten Mal kann man mit dem Thermomix nicht nur dampfgaren, kochen, mahlen oder häckseln, sondern Zutaten dank einer nun möglichen Maximaltemperatur von 160 statt bislang 120 Grad auch anbraten oder karamellisieren. Selbst Gerichte wie Pulled Pork sollen damit nun möglich sein, verspricht Vorwerk.

"Vorreiter im Bereich smarte Küchengeräte"

„Der TM6 unterstreicht erneut unsere Rolle als Vorreiter im Bereich smarte Küchengeräte“, sagt Michael Tziallas, Verkaufschef für den Thermomix in Deutschland. Man habe sich bei den Neuerungen an den Kundenwünschen orientiert, teilt das Unternehmen mit. Allerdings: Der Mixtopf hat weiterhin ein Fassungsvermögen von 2,2 Liter. Viele Nutzer haben sich in der Vergangenheit einen größeren Topf gewünscht, der speziell bei der Verpflegung mehrköpfiger Familien schnell an seine Grenzen stößt.

Das „iPhone aus Wuppertal“ wurde der Thermomix mal angesichts seines Erfolges mal von der Wochenzeitung „Die Zeit“ getauft. Und das stimmte gleich in vielerlei Hinsicht. So soll sich der neue Thermomix über Software-Updates permanent aktualisieren lassen. Mit dem Rezeptportal Cookidoo hat Vorwerk zudem eine Art eigenen App-Shop geschaffen, über den sich Rezeptkollektionen kaufen lassen und so für Zusatzeinnahmen sorgen. Für 36 Euro im Jahr soll man künftig unbegrenzt Zugriff auf alle Rezepte haben.

Wichtig für den Gesamtumsatz von Vorwerk

Doch auch in anderer Hinsicht ist der Vergleich mit dem Smartphone von Apple passend: Denn nach der Vorstellung des Thermomix TM5 im Jahr 2014 war der Konzernumsatz der Wuppertaler rasant gewachsen, 2016 knackte er erstmals in der Firmengeschichte die Marke von drei Milliarden Euro. Doch bereits im darauffolgenden Jahr ging es wieder abwärts – Hauptgrund: sinkende Verkäufe beim Thermomix. Zahlen für das Jahr 2018 wurden noch nicht veröffentlicht, doch es würde nicht verwundern, wenn sich der Trend auch im vergangenen Jahr fortgesetzt hat.

Obwohl das Unternehmen breit aufgestellt ist und auch Staubsauger oder Kosmetik verkauft, ist die Abhängigkeit von der Küchenmaschine ähnlich wie bei Apple vom iPhone durch den Erfolg stark gewachsen. 2017 machte das Geschäft rund 40 Prozent vom Gesamtumsatz aus, nachdem die Produktion zwischenzeitlich massiv ausgeweitet worden war. Erstmals in der Firmengeschichte wurde das Gerät sogar in den USA auf den Markt gebracht.

Kunden verärgert über Verkaufsstrategie

Neuentwicklungen wie das Werkzeug-Set Twercs sind Nischenprodukte geblieben oder müssen ihre Markttauglichkeit erst noch unter Beweis stellen wie der Teeautomat Teminal. Also ruhen die Hoffnungen wieder auf der bereits vor mehr als 50 Jahren erstmals vorgestellten Küchenmaschine.

Doch viele Kunden haben in den vergangenen Jahren erst einen Thermomix angeschafft, zum ersten Mal oder als Ersatz für ein älteres Modell. Immerhin lagen zwischen dem TM5 und seinem Vorgänger, dem TM31 zehn Jahre. Die Frage ist, wie viele von ihnen Vorwerk nun von einem erneuten Wechsel auf den TM6 überzeugen kann?

Momentan herrscht bei vielen Kunden keine Begeisterung vor, sondern Ärger: Wie beim TM5 hat Vorwerk auch den Nachfolger ohne vorherige Ankündigung auf den Markt gebracht. In sozialen Netzwerken wie Instagram oder Facebook hagelt es Kritik. Eine Nutzerin schreibt, sie habe ihren Thermomix Anfang Februar bestellt und Mitte Februar bekommen. „Vierzehn Tage später kommt dann plötzlich ein neues Gerät raus und es gibt keine Kulanz Ihrerseits?“, schreibt sie. Ähnlich äußern sich auch andere – und drohen sogar mit Klage.

Unternehmen macht ein Angebot

Vorwerk bietet zwar an, dass im Monat März noch beide Modelle parallel erworben werden können und dass Kunden, die zwischen dem 20. Februar und dem 8. März einen Thermomix TM5 bestellt haben, ein Wechselangebot für den TM6 bekommen. Doch all diejenigen, die das Gerät beispielsweise zu Weihnachten bekommen haben, gehen leer aus. „Generell ist bei einem Modellwechsel eine Übergangsphase nicht zu vermeiden“, sagt eine Vorwerk-Sprecherin: „Auch bei einer früheren Ankündigung wären einige jener Kunden enttäuscht gewesen, die kurz vor dieser Ankündigung gekauft haben.“

Besonders ärgerlich: Viele Kunden berichten in den sozialen Medien, sie hätten beim Kauf explizit nachgefragt, ob ein neues Gerät herauskommt. „Uns wurde versichert, dass in den nächsten Jahren so schnell kein neues Gerät auf den Markt kommt“, schreibt ein Nutzer. Vielen anderen geht es ähnlich. Die selbstständigen Repräsentanten, über die Kunden den Thermomix erwerben müssen, wurden nach Vorwerk-Angaben ebenfalls erst am Freitag informiert. „Wir bekommen jetzt viel Ärger ab“, beschreibt eine Repräsentantin die vergangenen 48 Stunden.

Ob Vorwerk sein Umtauschangebot angesichts der Proteste noch einmal ändert? „Über eine mögliche Anpassung der Übergangsregelung können wir heute keine Aussage treffen“, sagte die Vorwerk-Sprecherin.

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