China und die USA Chinas Waffen im Handelskrieg

Peking · Die Regierung in Peking hat andere Mittel als Strafzölle, um die US-Wirtschaft zu treffen. Auch die Geschäfte von US-Firmen im Land stehen auf dem Spiel.

Vor dem Apple Store auf Pekings Einkaufsmeile Wangfujing bildet sich trotz schwüler Hitze eine lange Schlange. Dabei zählt die chinesische Hauptstadt fünf dieser palastähnlichen Geschäfte mit dem angeknabberten Apfel als Logo. „Ich will zuschlagen, bevor das iPhone X noch teurer wird“, sagt Liu Ziwei. „Denn sollte der Streit zwischen China und den USA eskalieren, wird das auch den Preis des Smartphones treiben“, befürchtet der 28-Jährige.

Noch ist auf Pekings Straßen nicht viel vom Handelskrieg zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt zu spüren. Starbucks, Levi's und eben Apple – sie sind mit ihren Filialen überall präsent. Auch an Kundschaft mangelt es ihnen nicht. Doch das kann sich rasch ändern.

Um das gigantische Handelsdefizit der USA gegenüber China zu senken, hat US-Präsident Donald Trump Strafzölle auf chinesische Waren im Volumen von bislang rund 50 Milliarden Dollar verhängt. China reagierte mit Vergeltungszöllen vor allem auf landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Tabak und Soja, die besonders die Trump-Anhänger in Staaten des Mittleren Westens treffen sollen.

Nun will Trump Zölle auf weitere Waren aus der Volksrepublik im Wert von 200 Milliarden Dollar verhängen. Und wieder hat die chinesische Führung Vergeltung angekündigt. Nur: Wie kann China eigentlich die USA mit Importzöllen bestrafen, wenn die Chinesen gar nicht so viel aus den Vereinigten Staaten einführen?

Nichts sei leichter als das, sagt Xie Yanmei, Ökonomin des unabhängigen Pekinger Forschungsinstituts Gavekal Dragonomics. China sei ein „Veteran der Wirtschaftskriegsführung“. Das betreffe keineswegs nur US-Exporte nach China. Auch die Geschäfte von US-Firmen in China könnten etwa über entsprechende Kampagnen massiv erschwert werden.

Genau so ist China auch schon vorgegangen. Als 2012 der Streit zwischen Japan und China um ein paar verlassene Inseln im Ostchinesischen Meer hochkochte, musste Chinas Führung nur ein paar antijapanische Demonstrationen zulassen – schon brannten auf den Straßen die Autos japanischer Hersteller. Toyota und Nissan brauchten Jahre, um auf dem weltgrößten Automarkt wieder mithalten zu können.

Und als Südkorea vor knapp zwei Jahren gegen Chinas Willen den USA gestattete, das Raketenabwehrsystem Thaad auf seinem Boden errichten zu lassen, mussten in China Dutzende Kaufhäuser des südkoreanischen Konzerns Lotte ihre Pforten schließen – angeblich wegen Verstößen gegen die Hygienevorschriften. Lotte hat gar nicht mehr wieder Fuß gefasst.

Auch für viele US-Firmen ist China längst der wichtigste Markt. Neben Apple ist das auch bei Boeing, Microsoft, aber auch bei Kentucky Fried Chicken und Starbucks der Fall. Mit über 5000 Filialen ist KFC sogar derzeit die größte Restaurantkette der Volksrepu-blik. Und während Starbucks in den USA Filialen schließen muss, eröffnet die Kette im Reich der Mitte derzeit alle 15 Stunden ein neues Geschäft. Einigen Branchen in China käme eine staatlich gelenkte Kampagne gegen die US-Dominanz durchaus gelegen.

Chinas sicherlich schlagkräftigste Waffe dürfte aber wohl nicht zum Einsatz kommen: Seine vielen US-Staatsanleihen. Jedem Exportüberschuss steht ein Rückfluss an Kapital gegenüber. Das bedeutet: Die US-Amerikaner kaufen Waren von China und bezahlen sie mit US-Dollar. Mit dem Überschuss kauft die Volksrepublik Anleihen der US-Regierung. China hält diese „Treasuries“ von mehr als einer Billion Dollar – und ist damit der größte Finanzier der USA.

Das Problem für die chinesische Führung: Sollte sie Dollarreserven verkaufen, könnte das zu einem Preisverfall des Dollar führen, ein Vorteil für die US-Exportwirtschaft. Und diesen Gefallen will Peking den Amerikanern ganz sicher nicht erweisen.

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