Weltwirtschaftsforum in Davos Chinas Präsident spielt Führer der Welt

Davos · Der chinesische Staats- und Parteiche Xi Jinping wirbt auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos für offene Märkte.

 Prominenter Gast in Abwesenheit anderer Staats- und Regierungschefs in Davos: Xi Jinping. FOTO: DPA

Prominenter Gast in Abwesenheit anderer Staats- und Regierungschefs in Davos: Xi Jinping. FOTO: DPA

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Was für ein Unterschied: Chinas Präsident Xi Jinping bekam die große Bühne im Saal des Kongresszentrums von Davos. Der Vertreter des angehenden US-Präsidenten Donald Trump sprach danach in einem kleinen Raum mit begrenztem Publikum. Und Xi nahm die Gelegenheit war. In seiner Eröffnungsrede des diesjährigen Weltwirtschaftsforums (WEF) versuchte er, wie der Sprecher der Welt zu klingen.

Dass der chinesische Staats- und Parteichef diese Rolle einnehmen konnte, hatte auch praktische Gründe. Donald Trump ist erst ab kommenden Freitag amtierender US-Präsident. Kanzlerin Angela Merkel sagte dem WEF zum zweiten Mal ab. Und Großbritanniens Premierministerin Theresa May wollte erst zu Hause den Brexit erklären, bevor sie am Donnerstag in Davos erscheint.

In die Lücke stieß Xi mit einer deutlichen Aussage für eine Politik der offenen Märkte. Er redete, wie man es sonst von Regierungschefs westlicher Demokratien gewohnt ist. Er plädierte für eine „offene globale Wirtschaft“ und forderte, die weitere Liberalisierung des internationalen Handels zu unterstützen. Der Präsident des bevölkerungsreichsten Landes formulierte ein klares „Nein zum Protektionismus“. Wer eine solche Strategie verfolge, schließe sich gewissermaßen selbst in einen dunklen Raum ohne Frischluftzufuhr ein.

Damit grenzte Xi sich von der Position Trumps ab. Dieser hat erklärt, das Freihandelsabkommen TPP mit asiatischen Staaten zu kündigen. Firmen, die Produkte in die USA einführen, droht er mit Strafzöllen.

An den Worten Xis gibt es freilich auch Zweifel. So heißt es auf der Internetseite der deutschen Botschaft in Peking, dass viele deutsche Firmen unter chinesischem Protektionismus zu leiden hätten. Dabei geht es um die Offenheit für Investitionen und den Schutz von Patenten. Unlängst hatte China auch die Überweisung von Firmengewinnen ins Ausland eingeschränkt. „Taten sagen mehr als Worte“, bemerkte in Davos Nariman Behravesh von der Marktanalyse-Firma IHS.

Demgegenüber erklärte Xi in seiner Rede, den Marktzugang für ausländische Unternehmen zu vereinfachen und die Rechtssicherheit zu verbessern. „Wir stehen für offene und transparente Freihandelsabkommen“, sagte er. An die Adresse Trumps richtete er diese Formulierung: „In einem Handelskrieg gibt es keine Sieger. Wir sind nicht neidisch auf andere, die von unserer Entwicklung profitieren.“

Anthony Scaramucci, Trump-Berater und früherer Hedgefonds-Manager, reagierte darauf, als ihn WEF-Manager Philipp Rösler eine Stunde nach Xis Rede bat, die Politik des kommenden US-Präsidenten zu erklären. „Wir wollen keine Handelskriege“, so Scaramucci, „wir bitten um mehr Gleichheit in Handelsvereinbarungen.“ Trump geht es darum, Arbeitsplätze in den USA zu sichern. Zu Einfuhrzöllen in die USA äußerte sich Scaramucci nicht.

In weiten Teilen seiner Rede beschäftigte sich der chinesische Präsident mit der Globalisierung. „Die dringendste Aufgabe ist es, die Weltwirtschaft aus schwierigem Fahrwasser herauszuführen. Nichts anderes erwarten die Menschen von uns. Wir sind eine Schicksalsgemeinschaft.“

Xi wandete sich dagegen, die Globalisierung, die Politik der offenen Märkte und die Verlagerung von Industrien aus reichen in ärmere Staaten für alle möglichen Fehlentwicklungen verantwortlich zu machen. Kriege, Terrorismus und Wanderungsbewegungen hätten meist andere Gründe. China ist eines der Länder, das in den vergangenen 30 Jahren am meisten von der Globalisierung profitiert hat. Hunderte Millionen Menschen entkamen der Armut, weil sie Arbeitsplätze in den neuen Industrien fanden, die unter anderem Textilien und Elektronikprodukte für den Weltmarkt fertigen.

Allerdings räumte der chinesische Präsident ein, dass der verstärkte Welthandel auch zu großen Problemen geführt habe. Er erwähnte sowohl die wachsende Ungleichheit zwischen armen und reichen Staaten, als auch die soziale Polarisierung zwischen den Eliten und Gruppen der Bevölkerung auf nationaler Ebene. „Alle müssen profitieren“, sagte Xi. Die Globalisierung solle „inklusiver und nachhaltiger“ werden. Soziale Ungerechtigkeiten müsse man besser ausbalancieren.

Xi zitierte Rot-Kreuz-Gründer Henry Dunant. Sinngemäß habe Dunant gesagt: „Nicht der Nachbar ist unser Feind, sondern der Hunger.“ In diesem Sinne sprach sich Xi für „ein neues Wachstumsmodell“ aus.

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