Wirtschaft boomt Chinas Konjunktur im Aufwind

Peking · Die chinesische Wirtschaft ist 2017 stärker gewachsen als im Vorjahr. Es wird gebaut und die Löhne steigen. Doch das finden nicht alle Ökonomen gut.

 Chinas Verbraucher tragen mit zum Wirtschaftsboom bei.

Chinas Verbraucher tragen mit zum Wirtschaftsboom bei.

Foto: picture alliance / CHINATOPIX/AP

Mit Chinas Wirtschaft ging es auch in den vergangenen Jahren bergauf. Es wurde eifrig gebaut, die Löhne stiegen, ebenso Kaufkraft und Industrieproduktion. Von einem Boom mit zweistelligen Wachstumsraten wie die zwei Jahrzehnte davor konnte in den letzten Jahren aber keine Rede mehr sein. 2016 lag es bei 6,7 Prozent, das kleinste Plus seit 26 Jahren.

Doch 2017 ist das chinesische Wirtschaftswachstum erstmals seit acht Jahren höher ausgefallen als im Vorjahreszeitraum. Wie das Statistikamt in Peking am Donnerstag mitteilte, legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 6,9 Prozent zu. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt wuchs damit im vergangenen Jahr mehr als drei Mal so schnell wie Europas Zugpferd Deutschland, das auf 2,2 Prozent kam. „Die nationale Wirtschaft hat den Schwung einer stabilen und soliden Entwicklung aufrechterhalten und die Erwartungen übertroffen“, erklärten die Statistiker.

Auch Regierung überrascht

Die guten Konjunkturdaten dürften auch die chinesische Regierung überrascht haben – doch keineswegs nur im positiven Sinne. Sie hatte für 2017 ein Wachstum von 6,5 Prozent vorgegeben. Aus gutem Grund: Seit Jahren schwört sie ihr Land auf langsameres Wachstum ein. Denn Chinas Boom in den Jahren bis 2012 mit jährlich zweistelligen Wachstumsraten war nicht zuletzt einer investitionsgetriebenen Expansion geschuldet.

Diese Wirtschaftspolitik hatte zwar jede Menge neue Fabriken, Hochhäuser und Autobahnen geschaffen. Sie trug allerdings auch zu Überkapazitäten, Umweltverschmutzung, zu vielen leerstehenden Hochhäusern, einer zu einseitigen Ausrichtung auf die Schwerindustrie und massiven Verschuldung der Kommunen und Provinzen bei.

Von einer solchen wirtschaftlichen Entwicklung wollte sich China eigentlich verabschieden. Stattdessen plante es, den lange Zeit schwächelnden Konsum zu stärken, den Dienstleistungssektor auszubauen und auf mehr High-Tech zu setzen. Eine solche Schwerpunktsetzung hätte automatisch das Wirtschaftswachstum verlangsamt.

Wirtschaftliches Wachstum birgt auch Probleme

Ökonomen bewerten die jüngsten Konjunkturdaten ebenfalls mit gemischten Gefühlen. Zu den Wachstumsgaranten zählte 2017 zwar der private Konsum. Der Einzelhandelsumsatz wuchs um 10,2 Prozent, während die Industrieproduktion um 6,6 Prozent zunahm. Der Plan der Regierung, die Binnenwirtschaft zu stärken, scheint damit aufzugehen. Zudem profitiert China nach Ansicht von Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, von „der anziehenden Weltwirtschaft“.

Doch zugleich warnt der Ökonom: „So gut die Wachstumszahl 2017 aussieht, Probleme gibt es ebenso.“ Vor allem Chinas hohe Schulden bereiten ihm und anderen Ökonomen Sorge. Die gesamte Schuldenlast der Volksrepublik liegt nach Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich bei inzwischen 256 Prozent des BIP. Vieles davon steckt in Überinvestitionen, die sich auf absehbarer Zeit nicht rentieren werden. „Der Schuldenberg des Privatsektors, insbesondere der Unternehmen, nimmt schwindelerregende Ausmaße an“, warnt Gitzel.

Auch der Internationale Währungsfonds warnt, Chinas starkes Wachstum werde durch neue Schulden erkauft. Dass die Investitionen in Maschinen und noch mehr Fabrikanlagen mit zuletzt 7,2 Prozent so langsam zulegten wie seit 1999 nicht, ist keineswegs schlecht, weil all die Jahre zuvor zu viel investiert wurde.

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