Tarife IG Metall mobilisiert über 100 000 bei ersten Warnstreiks

Saarlouis/Berlin · Unmittelbar nach Ende der Friedenspflicht hat die IG Metall ihre Warnstreiks in der Metall- und Elektroindustrie gestartet. Schon am ersten Tag nahmen mehr als 100 000 Arbeiter teil.

 Beschäftigte von Thyssen-Krupp-Rasselstein nehmen vor dem Werk in Andernach an einem Warnstreik teil.

Beschäftigte von Thyssen-Krupp-Rasselstein nehmen vor dem Werk in Andernach an einem Warnstreik teil.

Foto: Thomas Frey

Mit einer ersten mächtigen Warnstreikwelle hat die IG Metall auf die bislang ergebnislosen Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie reagiert. Am Freitag ließen nach Gewerkschaftsangaben 110 000 Beschäftigte in rund 400 Betrieben kurzfristig die Arbeit ruhen.

Die Aktionen sollen in den kommenden Tagen fortgesetzt werden, um möglichst noch vor Pfingsten (15./16. Mai) ein Ergebnis zu erzielen. "Wenn das nicht reicht, werden wir zu Tagesstreiks aufrufen", sagte der Leiter des IG-Metall-Bezirks Mitte, Jörg Köhlinger.

Die Tagesstreiks sind ein neues Mittel des Arbeitskampfes, das sich die IG Metall im vergangenen Jahr neu in die Satzung geschrieben hat. Danach kann der Vorstand ohne vorherige Urabstimmung für einzelne Betriebe 24-Stunden-Streiks beschließen, für die dann die Teilnehmer auch Streikgeld erhalten. Die Arbeitgeber haben angekündigt, gegen das neue Instrument zu klagen, sobald es angewendet wird.

Die Friedenspflicht aus dem vorhergehenden Tarifzeitraum war um Mitternacht ausgelaufen, bis dahin waren Warnstreiks verboten. Auf Versammlungen vor vielen Werkstoren unterstützten rund 25 000 Streikende schon in der Nacht die Forderung der Gewerkschaft nach fünf Prozent mehr Geld.

IG-Metall-Chef Jörg Hofmann nannte auf einer Kundgebung bei den Ford-Werken in Saarlouis vor rund 3000 Menschen das Tarifangebot der Arbeitgeber "Magerkost" für die Beschäftigten. Profite und Dividenden seien offenbar wichtiger.

"Solange die Arbeitgeber meinen, die Leistung und das Engagement der Beschäftigten mit diesem provokanten Angebot abspeisen zu können, werden wir mit Warnstreiks antworten", sagte Hofmann. In der Woche vor Pfingsten sind bereits die ersten Verhandlungen in der vierten Runde verabredet, unter anderem im Dauer-Pilotbezirk Baden-Württemberg am 11. Mai. In Stuttgart war auch der vorhergehende Abschluss aus dem Jahr 2015 verabredet worden.

Während der wohl größten Aktion bei der Volkswagen-Tochter Audi in Ingolstadt legten rund 5000 Mitarbeiter für zwei Stunden die Arbeit nieder und kamen zu einer Kundgebung auf dem Werksgelände zusammen. Am Abend sollten 5500 Arbeiter beim Konkurrenten BMW folgen. Auch in Werken von Mercedes und Opel, bei Airbus in Hamburg sowie bei zahlreichen Zulieferern gab es Versammlungen und Aktionen.

Vorgeschlagen haben die Arbeitgeber rückwirkend ab April Einkommensverbesserungen in zwei Stufen, die sich bei einer Laufzeit von 24 Monaten auf insgesamt 2,1 Prozent summieren. Hinzu kommt eine Einmalzahlung von 0,3 Prozent über zwölf Monate. Damit gingen sie nur unwesentlich über ihr erstes Angebot hinaus. "Zu wenig bleibt zu wenig und wird auch nicht mehr, wenn man es neu verpackt", sagte Südwest-Landesbezirksleiter Roman Zitzelsberger.

Gesamtmetall-Präsident Rainer Dulger hatte hingegen betont, die Offerte sei vorgelegt worden, "um endlich über die Strukturen einer möglichen Lösung ins Gespräch zu kommen". Eine längere Laufzeit des Tarifabschlusses verschaffe den Unternehmen Planungssicherheit.

Südwestmetall-Chef Stefan Wolf kritisierte die Aktionen: "Das Land versinkt in Streiks", sagte er auch mit Blick auf die Arbeitsniederlegungen im öffentlichen Dienst. Das schade Deutschland auch in der internationalen Wahrnehmung.

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