Amazon knickt ein Bundeskartellamt erzwingt mehr Rechte für Händler

Berlin · Das Bundeskartellamt in Bonn hat mehr Rechte für Amazon-Händler erzwungen. Die Änderungen werden zum 16. August wirksam. Für den Privatkunden ändert sich nichts.

Amazon ist kein beliebiges Privatunternehmen mehr, und auch kein Händler mehr unter vielen. Die Plattform hat sich als entscheidender Teil des Wirtschaftslebens festgesetzt. Auf den Seiten des Unternehmens haben unabhängige Anbieter im vergangenen Jahr über 140 Milliarden Euro umgesetzt, und in vielen Märkten machen sie die Hälfte der gesamten Internetverkäufe aus. Auch in Deutschland sind die Seiten heute einer der wichtigsten Kanäle für den Einzelhandel. Amazon hat damit eine Marktmacht erreicht, die es für die Anbieter in vielen Fällen unmöglich macht, außen vor zu bleiben. Das hat auch weitreichende Folgen für die Verbraucher.

Dieser Entwicklung hat das Bundeskartellamt in Bonn nun Rechnung getragen. Es zwingt Amazon zu einem faireren Verhalten gegenüber den über 300.000 Händlern, die hierzulande auf den Marktplätzen des Unternehmens ihr Waren anbieten. Denn der amerikanische Großkonzern kassiert zwar Gebühren dafür, die Angebote aufzunehmen und die Bestellungen abzuwickeln. Er wälzt jedoch Kosten und Risiken im großen Stil auf die kleinen Anbieter ab. „Für die auf den Amazon-Marktplätzen tätigen Händler haben wir mit unserem Verfahren weltweit weitreichende Verbesserungen erwirkt“, freut sich nun Kartellamts-Präsident Andreas Mundt.

Lieber freiwillig

Die Bonner Behörde hat Amazon durch steigenden Druck dazu gebracht, seine Geschäftsbedingungen zu ändern. Dazu haben die Beamten im vergangenen Jahr ein Kartellverfahren eingeleitet, an dessen Ende unangenehme Zwangsmaßnahmen gegen den Onlinehändler hätten stehen können. Nun reagiert dieser lieber freiwillig. „Amazon ist in vielen Produktgruppen der größte Online-Händler und betreibt den mit Abstand größten Online-Marktplatz in Deutschland“, begründet das Kartellamt sein Vorgehen. „Für viele Händler hat der Marktplatz eine große Bedeutung.“

Wer auf Amazon.de ein Produkt sucht, bekommt zwei Arten von Ergebnissen angezeigt: Angebote von Amazon selbst und solche von Drittanbietern auf dem Marktplatz. Optisch unterscheiden sich diese kaum, und manchmal merken die Kunden auch nicht, dass sie gar nicht bei Amazon selbst bestellen. Die Order wird dann gleichsam durchgeleitet und die Bezahlung erfolgt über die Systeme des Konzerns. Auf diese externen Händler entfallen derzeit 58 Prozent des Warenumsatzes bei Amazon.

Neun von zehn Deutschen bestellen bei Amazon

Amazon ist der unangefochtene Marktführer in Deutschland: Es wickelt jede zweite Online-Bestellung ab. Alle Wettbewerber von Otto über Notebooksbilliger bis Zalando teilen sich 54 Prozent des Marktes. Neun von zehn deutschen Konsumenten bestellen gelegentlich bei Amazon. Gerade für kleine Gewerbetreibende verändert sich nun vieles zum Besseren. Gerichtsstand: Bisher hat sich Amazon vorbehalten, dass alle Klagen in Luxemburg vorgetragen werden müssen – eine riesige Hürde für Geschäftsleute. Ab jetzt sind auch Klagen vor örtlichen Gerichten möglich. Oder die Haftung: Amazon hat bisher alles auf die Händler abgewälzt. Künftig gelten europäische Standards bei der Aufteilung der Risiken.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort