Buchungen gehen zurück Flugausfälle bei Air Berlin möglich

FRANKFURT · Insider bezweifeln, dass der Übernahmekredit für die insolvente Fluglinie Air Berlin ausreicht. Es könnte zu Flugausfällen kommen.

 Verbraucherschützer raten davon ab, bei der insolventen Fluglinie Air Berlin derzeit noch Tickets zu kaufen. Man müsse einkalkulieren, dass Flüge nicht mehr durchgeführt werden können.

Verbraucherschützer raten davon ab, bei der insolventen Fluglinie Air Berlin derzeit noch Tickets zu kaufen. Man müsse einkalkulieren, dass Flüge nicht mehr durchgeführt werden können.

Foto: picture alliance / Roland Weihra

Noch ist Air Berlin nicht zerschlagen. Auf der Sitzung des Gläubigerausschusses am Mittwoch in Berlin habe die Lufthansa für ihre Tochter Eurowings zwar ihr Interesse konkretisiert, ist zu hören. Danach interessiere sich die Kranichlinie auch für Niki, die österreichische Tochter von Air Berlin. Sie gilt als hochprofitabel und verfügt über eine moderne Flugzeugflotte.

Verschiedene Medien hatten spekuliert, sie könne schon bei der Sitzung des Gläubigerausschusses aus dem Gesamtpaket herausgelöst und verkauft werden. Doch in dem Ausschuss, in dem neben der Lufthansa-Tochter Eurowings auch Vertreter der Bundesagentur für Arbeit, der Commerzbank, ein Air-Berlin-Manager und ein Insolvenzexperte sitzen, ging es am Mittwoch dem Vernehmen nach vorrangig um Formalien, etwa der Fortsetzung des Flugbetriebs zuzustimmen.

Den aber aufrecht zu erhalten, werde immer schwieriger, vermuten Insider, obwohl die Bundesregierung deshalb den Übergangskredit von 150 Millionen Euro gewährt hatte. Der sollte eigentlich bis November reichen, doch könnte er auch schneller zur Neige gehen, vermuten Experten. Denn obwohl Air Berlin mit Schnäppchenpreisen wirbt, gehen die Buchungen zurück. Es kommt also kaum noch frisches Geld hinein. Die Passagiere, die jetzt noch von Air Berlin geflogen werden, haben aber ihre Tickets schon vor Wochen oder Monaten bezahlt – dieses Geld ist in der Insolvenzmasse.

Jetzt noch zu buchen, halten aber auch Verbraucherschützer nicht mehr für sinnvoll: „Man muss bedenken, dass man bei einer insolventen Fluggesellschaft ein Ticket kauft“, erklärt Sabine Fischer-Volk, Reiserechtsexpertin der Verbraucherzentrale Brandenburg. Man müsse also einkalkulieren, dass möglicherweise Flüge nicht durchgeführt würden. Grundsätzlich haben Passagiere zwar beim Ausfall eines Flugs Anspruch auf eine Ersatzbeförderung, auf die Erstattung des Flugpreises oder auf Entschädigung. Aber diesen Anspruch könne man bei einer Insolvenz kaum durchsetzen, weil die Ansprüche der Passagiere auf der Insolvenztabelle weit hinten stünden.

Die Zeit für eine Lösung drängt also. Das ist auch den Interessenten für Air Berlin bewusst. Solange deren Flugzeuge noch in der Luft sind, solange sind auch deren Start- und Landerechte noch etwas wert. Neben der Lufthansa interessieren sich vor allem der britische Billigflieger Easyjet, Condor und Tuifly für Teile von Air Berlin. Der Unternehmer Hans-Rudolf Wöhrl hat zwar ein Gebot für Air Berlin als Ganzes abgegeben. Ihm werden jedoch kaum Chancen eingeräumt. Lufthansa gilt auch in der Politik als bevorzugter Bieter.

Das kritisierte Niki Lauda, der Gründer der Air-Berlin-Tochter Niki, gegenüber dem „Handelsblatt“. Sollte die Kranichlinie vorrangig zum Zuge kommen, rechne er mit höheren Flugpreisen. Allerdings könnte sich die Lage insgesamt auch dadurch ändern, dass die EU-Kommission den Überbrückungskredit der Bundesregierung als sogenannte Rettungsbeihilfe genehmigt. Sollte das so kommen, dann müssen alle Geschäftsbereiche des Unternehmens zum höchstmöglichen Preis veräußert werden, meint Stefan Hertwig, Partner bei CBH Rechtsanwälte. Somit müsse Lufthansa sicherstellen, den Marktpreis für den übernommenen Teil von Air Berlin gezahlt zu haben, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Deren Interesse an Air Berlin findet in der Politik ja Rückendeckung. Die Bundesregierung aber dürfe auf eine Rückzahlung des Darlehens an Air Berlin nicht ganz oder teilweise verzichten, um damit einem politisch gewollten Erwerber einen günstigeren Kaufpreis zu ermöglichen. Hertwig empfiehlt deshalb, ein transparentes Bieterverfahren über alle Geschäftsbereiche von Air Berlin zu eröffnen.

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