Portugal hat Krise überwunden Brüssel bemängelt deutschen Exportüberschuss

Brüssel · Deutschland exportiert, was das Zeug hält. Doch des einen Freud, des andern Leid: Andere Länder setzt das unter Druck, und auch die EU-Kommission ist skeptisch.

 Weltweit sind die Produkte mit der Aufschrift "Made in Germany" begehrt.

Weltweit sind die Produkte mit der Aufschrift "Made in Germany" begehrt.

Foto: Jens Büttner

Deutschland muss die heimische Nachfrage ankurbeln und so den Exportdruck auf andere Länder senken, fordert die EU-Kommission.

Derzeit scheiterten Investitionen hierzulande unter anderem an komplizierten Zuständigkeiten und Genehmigungsverfahren, monierte die Brüsseler Behörde. Für Portugal und Italien hatte sie gute Nachrichten.

Der große Leistungsbilanzüberschuss Deutschlands löst schon seit längerem Kritik in Brüssel aus. Die Bundesrepublik produziert mehr als sie verbraucht, viele Waren und Dienstleistungen werden exportiert. Das könne die wirtschaftliche Erholung im Euroraum beeinträchtigen, warnt die EU-Kommission. Auf dem Arbeitsmarkt drohe außerdem mit der zunehmenden Alterung der Gesellschaft ein Arbeits- und Fachkräftemangel. Stärkere Anreize zum späteren Renteneintritt seien damit "unentbehrlich".

Insgesamt sieht die EU-Kommission die Lage in Europa positiv. "Das Wirtschaftswachstum in der EU hält an und wird sich auch 2018 - im sechsten Jahr in Folge - fortsetzen", sagte EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici.

Vorläufige Entwarnung gab die EU-Kommission für Italien. Im Februar hatte die Brüsseler Behörde noch Anstrengungen von der Regierung in Rom gefordert, damit die Verschuldung nicht aus dem Ruder läuft. Die mittlerweile eingeleiteten zusätzlichen Reformen für das laufende Jahr reichten aus, weitere Sparmaßnahmen seien vorerst nicht nötig, bescheinigte die EU-Behörde nun.

Italien will nach Brüsseler Angaben noch bis Jahresmitte unter anderem die geplante Reform von Strafprozessen angehen. Zuletzt lag der Schuldenstand bei 2,2 Billionen Euro oder 132,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Erlaubt sind nach den Kriterien der Gemeinschaftswährung nur 60 Prozent des BIP und ein jährliches Haushaltsdefizit von maximal drei Prozent.

Das frühere Euro-Krisenland Portugal hat sein Haushaltsdefizit wieder unter die europäische Obergrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung gedrückt. Deshalb empfiehlt die Kommission den EU-Staaten die Einstellung des seit 2009 laufenden Verfahrens zur Überwachung wirtschaftlicher Ungleichgewichte, bei dem die Brüsseler Behörde die Wirtschaftspolitik eines Landes sehr genau im Auge behält. Das sei als Lohn der portugiesischen Reformen zu verstehen, sagte EU-Finanzkommissar Moscovici.

Frankreich hingegen wird nach Berechnungen der EU-Kommission die Defizit-Grenze im kommenden Jahr mit 3,2 Prozent zum wiederholten Male überschreiten. "Die Kommission schlägt jedes Jahr die gleiche Reformliste vor und wird jedes Jahr aufs Neue ignoriert", beklagte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber und forderte "spürbare Konsequenzen". Theoretisch wären Sanktionen bis hin zu Geldstrafen möglich. Tatsächlich wurde bisher aber noch nie ein Euro-Staat wegen überhöhter Neuverschuldung zur Kasse gebeten - auch Deutschland nicht, als es die Kriterien 2003 verletzte.

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