Trotz erneutem Umsatzplus Bei Playmobil rumort es hinter den Kulissen

Zirndorf · Bei Deutschlands bedeutendster Spielwarenmarke ist nach dem überraschenden Abgang der Vertriebs- und Entwicklungschefin vieles unklar. Fest steht aber: In Zukunft spielt die Digitalisierung eine große Rolle.

Milliardenfach sind Playmobil-Figuren durch Generationen von Kinderhänden gegangen. Gefertigt werden sie von Geobra Brandstätter in Zirndorf bei Nürnberg, einem Mittelständler, der bis zu seinem Tod Mitte 2015 von Firmengründer Horst Brandstätter geführt wurde. Seitdem tut sich hinter den Kulissen einiges. Nach außen dringt es aber bestenfalls noch gedämpft, weil die Franken keine Pressekonferenzen mehr veranstalten oder auch zweimal in Folge beim wichtigsten Branchentreffen, der Nürnberger Spielwarenmesse der Neuheitenschau als bedeutendstem Öffentlichkeitstermin ferngeblieben sind.

Obwohl 2016 und 2017 je ein Zehntel mehr Umsatz brachten, ist Vertriebs- und Entwicklungschefin Silke Heinrich jüngst ausgeschieden. Intern ist es um die Stimmung nicht zum Besten bestellt.

Weder Betriebsräte noch Gewerkschafter wollen sich derzeit zu den Vorgängen im Haus äußern. „Wir müssen neue Antworten geben“, erklärt ein Firmensprecher den von außen betrachtet überraschenden Abgang der in der Branche angesehenen Heinrich. „Die Digitalisierung ermöglicht uns vielfältige neue Chancen, dazu benötigen wir externes Knowhow und neue Kompetenzen“, lässt sich Playmobil-Vorstandssprecher Seffen Höpfner zitieren. Dafür stehen die neuen Vorstände Roger Balser und Lars Wagner, die sich Heinrichs Ressort nun aufteilen.

Playmobil wird digital

Vertriebsspezialist Balser kommt vom US-Spielwarenriesen Hasbro (Monopoly), Digital-Experte Wagner vom Disney-Konzern. Sie sollen Playmobil fit machen für das digitale Zeitalter im Kinderzimmer. Lange waren die Franken ein Synonym für haptisches Spielen mit bunten Plastikfiguren, die Fantasie in den Köpfen von Kindern angeregt hat. Neuerdings wandert Playmobil auf neuen Pfaden. Mit „Ghostbusters“ und „Dragons“ wurden voriges Jahr erstmals im größeren Stil auf Kinofilmen basierende Lizenzen eingekauft und in Spielzeug gegossen. Zudem wird Playmobil digital.

Als Beispiel dafür preist ein Firmensprecher einen neuen Hologramm-Projektor namens Playmogram an, der per Smartphone und eigener App bedient wird. Er lässt ein dreidimensionales Gespenst entstehen, das man aber nicht anfassen, sondern nur ansehen kann. Die neuen Playmobil-Macher stellen sich vor, dass Kinder um das Hologramm herum ihre Playmobil-Figuren drapieren und so einen digitalen Brückenschlag vollziehen.

Was die Zukunft technologisch noch bringt, wird weitgehend offengelassen. Rein digitale Produkte seien denkbar, heißt es vage. Das könnten Computerspiele sein oder auch nicht. Auch regional ist Expansion angesagt. Am weltgrößten Spielwarenmarkt USA möchte Playmobil künftig ein größeres Rad drehen, und Ende 2017 hat man damit begonnen, in China mit dortigen Handelspartnern einen Vertrieb aufzubauen. Speziell Letzteres ist insofern bemerkenswert, als bei Spielwaren die Richtung zwischen China und dem Rest der Welt traditionell eine andere ist. China gilt als Spielwarenlieferant der Welt und nicht als Absatzland für Spielzeug.

Vieles bleibt im Dunkeln

Auch das ist den Franken aber nicht genug. Dieses Jahr werden Lizenzprodukte um solche erweitert, die aus der Animationsserie Super 4 stammen, die per TV im Disney-Channel ausgestrahlt werden. 2019 soll dann der erste Playmobil-Film international in die Kinos kommen. Produziert wird er unter Regie von Lino DiSalvo, der zuletzt an der Disney-Produktion „Frozen“ mitgewirkt hat.

Neue Digitalprodukte und Lizenzen, Expansion in die USA und China, Kinofilm, das alles kostet zweifellos einiges Geld. Wie viel es zumindest in der Dimension ist, erfahren Außenstehende anders als bei vergleichbaren Konkurrenten wie der Fürther Simba Dickie-Gruppe nicht und auch nicht wie es um die Profitabilität von Playmobil angesichts der ehrgeizigen Offensive in mehrere Richtungen bestellt ist.

Man expandiere mit Vorsicht und sei weiter profitabel, heißt es so vage wie nicht nachprüfbar. Ob Gewinne expansionsbedingt in die Knie gehen, verschweigt Playmobil. Warum eine Managerin wie Heinrich, die 2017 für im Branchenvergleich stolze elf Prozent mehr Umsatz auf 679 Millionen Euro maßgeblich mitverantwortet hat und damit alles andere als erfolglos war, ausscheiden musste, wird auch nicht überzeugend erklärt. Umsatz-Ziele für 2018 bleiben im Dunkeln.

„Wir möchten Fakten schaffen und dann darüber sprechen“, vertröstet ein Firmensprecher. Wann es wieder eine Pressekonferenz geben wird, kann er nicht sagen. Nachfragen dürfe man aber gerne. Echte Erklärungen liefern die Antworten aber nur bedingt.

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