Billiges Geld Bauzinsen fallen weiter

Frankfurt · Die Bauzinsen sind in den letzten Wochen weiter gefallen. Bauherren erhalten in Einzelfällen schon für 0,13 Prozent ein Darlehen. Baugrund bleibt dagegen knapp.

 Einfamilienhäuser in einem Kölner Neubaugebiet: Die Zahl der Baugenehmigungen ist in NRW zuletzt wieder gestiegen.

Einfamilienhäuser in einem Kölner Neubaugebiet: Die Zahl der Baugenehmigungen ist in NRW zuletzt wieder gestiegen.

Foto: picture alliance/dpa

Vergleichsportale wie etwa die Finanzberatung Max Herbst (fmh.de) meldeten am Donnerstag für einen Hypothekenkredit von zehn Jahren Laufzeit einen durchschnittlichen Zinssatz von 0,73 Prozent. Vor einem Jahr zahlte man dafür noch 1,35 Prozent, vor zehn Jahren waren 4,48 Prozent fällig. Seit Wochen geht es abwärts am Hypothekenzinsmarkt, in Einzelfällen können Bauherren sogar Zinsen von 0,13 Prozent ergattern. Dann aber müsse alles stimmen, sagt Julia Dröge-Knaup, Sprecherin der Frankfurt Sparkasse: „Die konkreten Konditionen, insbesondere der Zinssatz, hängen vom individuellen Fall ab, je nach der Nutzung des Objekts oder der Tilgungshöhe.“ Vergleichstabellen könnten eine gute erste Orientierung geben, sie bildeten aber nicht die konkrete Ausgestaltung einer späteren Baufinanzierung ab.

Dass es aber grundsätzlich abwärts geht, dafür ist die wirtschaftliche Lage verantwortlich. Wegen der weltweiten Konjunkturschwäche, ausgelöst auch durch die Handelskonflikte, fliehen die Anleger in vermeintlich sichere Papiere. Maßgeblich für die Bauzinsen ist dabei die Rendite für die deutsche Bundesanleihe mit einer Laufzeit von zehn Jahren. Die notierte am Donnerstag bei knapp minus 0,67 Prozent – die Anleger zahlen dem Staat also noch Gebühren dafür, dass sie ihm Geld leihen. Inzwischen diskutiert man in der Branche sogar schon, ob auch Bauwillige bald keine Zinsen mehr zahlen müssen. Das hätte er vor einem halben Jahr noch für undenkbar gehalten, sagt Finanzberater Herbst, doch weil es inzwischen schon Angebote für einen Sollzins ab 0,11 Prozent bei zehn Jahren fest gebe, sei der Weg zu null Prozent nicht mehr weit: „Ich könnte mir vorstellen, dass die null Prozent bei zehnjährigen Volltilgerdarlehen erreicht werden, da dort viele billige Kundengelder verarbeitet werden können.“

„Volltilger“ – das sind Darlehen, die in einer bestimmten Laufzeit vollständig zurückgezahlt werden. Ob die Banken und Sparkassen den Darlehenskunden aber tatsächlich negative Zinskonditionen anbieten würden, das sei eine geschäftspolitische Entscheidung, glaubt Alexander Kapst, Bereichsleiter Privatkunden der Deutschen Kreditbank. „Das müsste sich dann konsequent auch bei den Kunden auf der Anlageseite – mit einem Verwahrentgelt – widerspiegeln.“

Sinnvolle Sondertilgungen

Auch wer nicht aktuell über eine Baufinanzierung nachdenkt, der kann von dem Umfeld profitieren, meint Mirjam Mohr, Vorständin des Baufinanzierungsportals Interhyp. „Auch Sondertilgungen sind in Zeiten niedriger Sparzinsen zunehmend sinnvoll, um Zinskosten zu sparen. Bei der Erstfinanzierung sollte die Finanzierung nicht Spitz auf Knopf kalkuliert sein. Wichtig und zukunftsorientiert ist ein hoher Anteil an Eigenkapital“, rät sie. Mindestens die Kaufnebenkosten sollten durch eigene Mittel abgedeckt sein. Empfehlenswert sei zudem ein Anteil an Eigenkapital von zwanzig Prozent des Kaufpreises und mehr.

Rückgang bei Baugenehmigungen - bundesweit

Die andere Frage ist, ob die bau- oder kaufwilligen Bürger in Deutschland eine Baugenehmigung erhalten. Vor allem in den Ballungsräumen wird das immer schwieriger. So meldete das Statistische Bundesamt für das erste Halbjahr einen Rückgang der Baugenehmigungen um 2,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Berechnet man dabei nur die neu zu errichtenden Wohnungen, lag der Rückgang sogar bei 3,1 Prozent. In Städten werden Grundstücke oft von Spekulanten zurückgehalten. „Es ist im Moment in der Niedrigzinsphase sehr attraktiv, ein Grundstück zu halten, weil es Tag für Tag mehr Geld wert wird“, so Markus Lehrmann, Hauptgeschäftsführer der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen. Da sei die Politik gefordert, die etwa durch eine andere Besteuerung Einfluss nehmen könnte: Bebaute Grundstücke müssten steuerlich entlastet werden, und baureife, unbebaute Grundstücke müssten eher mehr Steuern auslösen: „Das würde dazu führen, dass der Spekulationsgewinn sinkt und somit die Grundstücke an den Markt gehen.“

Es könnten zudem mehr Wohnraum durch Aufstockung auf Parkhäuser, Supermärkte oder Hochhäuser geschaffen werden, sagt Lehrmann. So sei der Bau von etwa 1,1 Millionen Wohnungen, die durchschnittlich 85 Quadratmeter groß seien, möglich. Die könnten dann als Eigentums- oder Mietwohnungen an den Markt gehen.

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