Agrar Bauernverband verlangt schnelle Hilfen beim "Milchgipfel"

Berlin · Die Milchpreise sind im Keller - Tausende Landwirte geraten in finanzielle Not, weil die Erlöse seit Monaten abstürzen. Bei einem Krisengipfel will die Bundesregierung Linderung organisieren. Die Landwirte wissen schon, was am dringendsten ist.

 Die Milchbauern stöhnen: Für einen Liter Milch wird derzeit von den Molkereien 22 Cent bezahlt.

Die Milchbauern stöhnen: Für einen Liter Milch wird derzeit von den Molkereien 22 Cent bezahlt.

Foto: Carsten Rehder

Der Deutsche Bauernverband fordert vom "Milchgipfel" bei Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) schnell spürbare Krisenhilfen. "Wir erwarten konkrete, sofort wirksame Unterstützung für die Betriebe", sagte Vizepräsident Udo Folgart.

Dringlich seien Liquiditätshilfen und etwa auch steuerliche Entlastungen. Generell müsse es eine bessere Mengensteuerung geben, die aber nicht staatlich geregelt werden könne, sagte Generalsekretär Bernhard Krüsken. Auch der Handel müsse Verantwortung übernehmen. "Wir erwarten Unterstützung für die Milchbauern statt fortgesetzte Preisdrückerei im Einkauf." Die Preise sind seit Monaten im Keller.

Schmidt stellte mit Blick auf den "Milchgipfel" an diesem Montag (30.5.) in Berlin "schnelle direkte Hilfen" in Aussicht. "Die Risiken des Milchmarktes müssen fairer verteilt werden", sagte er anlässlich eines Treffens mit protestierenden Milchbauern in seinem Wahlkreis. Nötig sei eine ehrliche und konstruktive Diskussion der Lage. "Für bessere Erzeugerpreise brauchen wir vor allem auch die Verbraucher."

Bei dem Treffen soll mit Vertretern von Bauern, Milchwirtschaft und Handel über Lösungen beraten werden. Im Gespräch ist ein Hilfspaket von "100 Millionen Euro plus X". Folgart machte deutlich, dass dieses X erheblich sein müsse. Krüsken sagte mit Blick auf die beschlossene milliardenschwere Förderung von E-Autos: "Was für Elektromobilität gut ist, muss für die Landwirtschaft auch recht sein."

Gründe des Preisverfalls sind die schwache Nachfrage in internationalen Märkten, ein Importstopp Russlands als Reaktion auf EU-Sanktionen wegen des Ukraine-Konflikts und Produktionssteigerungen unter anderem in manchen EU-Ländern. Dadurch gibt es derzeit ein Überangebot.

Krüsken betonte, die Molkereien seien in einer zentralen Rolle, um das Angebot stärker zu steuern. "Nur an dieser Stelle kann auf wechselnde Nachfragesituationen marktgerecht reagiert werden."

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisierte den Handel, der die Überschuss-Situation schamlos ausnutze. "Milch darf nicht länger unterhalb der Erzeugerkosten verramscht werden", sagte der Vorsitzende Hubert Weiger. Falsch sei auch, dass die Bundesregierung auf Wachstum und aggressive Exportpolitik setze.

In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitag) brachte der Chef der Schwarz-Gruppe, Klaus Gehrig, eine Sondersteuer ins Spiel. "Wenn der Staat etwas regeln will, dann soll der Staat es regeln. Durch eine Sondersteuer, die alle gleichermaßen trifft, sagte Gehrig. Zur Schwarz-Gruppe gehört unter anderem der Discounter Lidl.

Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner forderte von der EU eine Milliarde Euro Soforthilfe für in Not geratene Betriebe. Zudem solle es Steuererleichterungen geben, sagte der CSU-Politiker der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstag). So sollten Landwirte Geld, das sie in guten Jahren verdient haben, steuerfrei zurücklegen dürfen, um sich in schlechteren Zeiten selbst zu helfen.

In Nordrhein-Westfalen schätzt der Rheinische Landwirtschaftsverband (RLV), dass wegen der Milchkrise allein in diesem Jahr bis zu fünf Prozent der Betriebe - vor allem Milchbauernhöfe - in ihrer Existenz bedroht sind. Bei rund 36 000 landwirtschaftlichen Betrieben in dem Land wären das etwa 1800 Höfe.

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