Neues Gebührenmodell Bahn will mit Niedrigpreisen mehr verdienen

Berlin · Mit ihrem neuen Gebührenmodell will die Bahn der Konkurrenz auf der Straße und in der Luft etwas entgegensetzen. Kunden können künftig dauerhaft Tickets ab 19,90 Euro buchen.

Im günstigsten Fall können Kunden der Deutschen Bahn bald für 15 Euro einmal quer durch das Land fahren. Dazu brauchen sie allerdings eine Bahncard und den neuen Super Sparpreis von 19,90 Euro, den die Bahn am 1. August einführt. Bislang gab es diese Billigtickets, auf die Bahncardbesitzer noch einmal 25 Prozent Rabatt erhalten, nur während zeitlich begrenzter Sonderaktionen. Daraus wird nun ein Dauerangebot.

Laut Bahn-Vorstand Berthold Huber vereinfacht sich das Preissystem damit. Es gibt praktisch nur noch drei Kategorien: Am teuersten sind die Flextickets, in der Mitte liegen die Sparpreise und darunter der Super-Sparpreis. Auf alle Kategorien wird die Bahncard angerechnet. Die Chancen auf einen der billigsten Fahrscheine sind je nach Tag und Strecke unterschiedlich. „Die Kontingente hängen von der Auslastung der Züge ab“, sagt Huber, „es bietet sich an, frühzeitig zu buchen.“ Trotz der hohen Kosten befürchtet die Bahn keinen Gewinneinbruch. Das Gegenteil ist der Fall. Neu gewonnene Kunden sollen den zusätzlichen Aufwand mehr als ausgleichen. In diesem Jahr erwartet Huber einen neuen Fahrgastrekord. Die Zahl der Passagiere soll von 145 Millionen auf fast 150 Millionen anwachsen.

Ab dem 1. August ist in allen Fahrscheinen zum Flexpreis oder Sparpreis für Fahrten von mehr als 100 Kilometern ein City-Ticket enthalten. Damit kommen die Fahrgäste mit Bussen, Bahnen oder der Tram am Start- und Zielort kostenlos zum Bahnhof oder von dort ins Hotel. Die 126 größten Städte beteiligen sich an der Kooperation zwischen dem Verband der Verkehrsunternehmen (VDV) und der Deutschen Bahn. Bislang galt das City-Ticket nur für die Besitzer einer Bahncard.

Für die Nutzung des Nahverkehrs entrichtet die Bahn einen zweistelligen Millionenbetrag an die meist kommunalen Träger. Zwei große Haken hat das Angebot noch. Nicht alle Städte machen bei dieser Kooperation mit. Und die City-Tickets gelten nur im Kerngebiet. In Berlin ist dies beispielsweise der S-Bahn-Ring.

Neue Konkurrenten

Mit der Neuerung reagieren sowohl die Bahn als auch der VDV auf eine veränderte Marktlage. So greift auf der Schiene Flixtrain, ein Ableger des Fernbusunternehmens Flixbus, die Bahn auf langen Strecken mit Kampfpreisen an. Bisher fahren die Münchner zwar nur zwei Verbindungen. Doch im kommenden Jahr will Flixtrain auch von Berlin nach München fahren. Zudem will die Bahn auch Billigfliegern mehr entgegensetzen. Auch die Nahverkehrsunternehmen müssen sich neuen Konkurrenten stellen.

„Die Wettbewerber sind Plattformökonomien“, erläutert VDV-Chef Oliver Wolff. Uber und andere Mobilitätsdienste drängen auf den Nahverkehrsmarkt. Dem wollen die kommunalen Anbieter möglichst kundenfreundliche Angebote für die gesamte Reisekette entgegensetzen. Laut Wolff gehört dazu zum Beispiel eine einheitliche Buchungsplattform für Nahverkehrstickets in ganz Deutschland.

Der Fahrgastverband Pro Bahn lobt die Ausweitung des City-Tickets, kritisiert allerdings auch, dass das Angebot noch nicht flächendeckend in allen Städten gilt. Auch sei der Gültigkeitsbereich nicht überall ausreichend, heißt es vom Verband. Denn das City-Ticket gilt nur in den Kernstädten.

Der bahnpolitische Sprecher der Grünen, Matthias Gastel, fordert eine weitergehende Vernetzung des Verkehrs. „Jetzt steht die Große Koalition in der Pflicht, endlich ein Konzept für das im Koalitionsvertrag angekündigte deutschlandweite Ticket für alle Angebote im Nahverkehr vorzulegen“, sagt der Politiker.

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