Zu viele überfüllte Züge Bahn erwägt weiteren Ausbau der ICE-Flotte

Noch müssen Züge selten wegen Überfüllung geräumt werden. Das soll so bleiben, wenn einmal doppelt so viele Menschen mit ICE und Intercity fahren, wie es der Bund anstrebt. Die Bahn macht dazu einen Plan.

 Denkbar ist etwa, dass die Bahn weitere ICE4 bestellt.

Denkbar ist etwa, dass die Bahn weitere ICE4 bestellt.

Foto:  Daniel Bockwoldt

Die Deutsche Bahn erwägt im Bemühen um mehr Fahrgäste einen Ausbau ihrer ICE-Flotte. Nach Angaben aus Branchenkreisen könnte der Staatskonzern laufende Bestellungen für die Hochgeschwindigkeitszüge um einen hohen dreistelligen Milliarden-Euro-Betrag aufstocken.

"Gerade diskutieren wir im Vorstand, die Kapazitäten weiter auszubauen. Auf besonders frequentierten Strecken auch durch längere Züge", sagte Bahnchef Lutz dem "Handelsblatt" (Freitag). "Wir wollen noch stärker als bisher Auto und Flugzeug angreifen und werden dazu im Frühsommer ein Konzept präsentieren", kündigte er an. Der Aufsichtsrat tagt regulär wieder am 13. Juni.

Denkbar ist etwa, dass die Bahn weitere ICE4 bestellt. Erste Züge des neuen Flaggschiffs kamen im Dezember aufs Gleis, Ende 2023 soll Siemens 130 der Hochgeschwindigkeitszüge ausgeliefert haben. Der Rahmenvertrag sieht bis zu 300 Züge vor.

Eine andere Variante ist, in die zwölfteiligen Züge mit 830 Sitzplätzen jeweils einen weiteren Wagen einzuhängen. Dann hätten mehr als 900 Fahrgäste Platz, wie Lutz im Interview sagte. Das helfe dort, wo die Infrastruktur keine weiteren Züge zulässt.

Nach Lutz' Angaben muss die Bahn ein halbes Dutzend Mal pro Woche überfüllte Fernzüge räumen - "bei rund 6000 Zugfahrten", wie der Manager hervorhob. Betroffen sind vor allem Fahrten am Freitag und Sonntag.

Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD dem Staatskonzern aufgetragen, im Fernverkehr die Fahrgastzahl auf 280 Millionen im Jahr 2030 zu verdoppeln. "Das ist ausgesprochen sportlich", sagte Lutz. Der Kauf der ICE4 ist schon jetzt der größte Auftrag der Bahn-Geschichte.

Lutz sprach sich dagegen aus, eine Reservierungspflicht einzuführen: "Wir haben nun mal aus gutem Grund nicht das System der Franzosen, wo der Reisende im Fernverkehr gezwungen ist, vorher zu reservieren", sagte er. "Wir haben ein freies, offenes System."

Nach gut einem Jahr im Amt äußerte Lutz sich auch zum krisenbehafteten Projekt Stuttgart 21. "Mit dem Wissen von heute würde man das Projekt nicht mehr bauen", sagte er im Verkehrsausschuss des Bundestags, wie die "Rhein-Neckar-Zeitung" (Freitag) berichtete. Teilnehmer der Sitzung am Mittwoch bestätigten die Aussage. Lutz habe zugleich deutlich gemacht, dass es wirtschaftlicher sei, das Projekt fortzuführen als abzubrechen.

Der Bau des unterirdischen Durchgangsbahnhofs war seit dem Beginn 2010 immer teurer geworden - unter anderem wegen gestiegener Baukosten, langwieriger Planungsverfahren und Kosten für den Artenschutz. Der Rahmen lag 2009 bei 4,526 Milliarden Euro, 2013 waren es dann schon 6,526 Milliarden. Im Januar dieses Jahres erhöhte der Bahn-Aufsichtsrat das Volumen auf 8,2 Milliarden Euro und verschob die Eröffnung auf 2025.

Kritiker hatten von Anfang an befürchtet, dass die Kosten aus dem Ruder laufen. "Es wurde Zeit, dass auch bei der Deutschen Bahn zu Stuttgart 21 mal Klartext gesprochen wird", kommentierte der Grünen-Verkehrspolitiker Matthias Gastel.

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