GA-Interview mit BASF-Chef BASF-Chef über Politik, Diesel und Glyphosat

Bonn · Der Chef des Chemieriesen BASF, Kurt Bock, erklärt, warum es Verbrennungsmotoren noch lange geben wird und warnt vor der Ablehnung von grüner Gentechnik.

 Promovierte in Bonn: BASF-Chef Kurt Bock.

Promovierte in Bonn: BASF-Chef Kurt Bock.

Foto: picture alliance / Christophe Ga

Die Wirtschaft brummt, die Arbeitslosigkeit ist niedrig, und die Unternehmen machen gute Gewinne. Eigentlich müssten Sie für eine Fortsetzung der großen Koalition sein?

Kurt Bock: Das müssen die Wähler und Politiker entscheiden. Wir rufen als Verband zum Wählen auf. Außerdem haben wir für die Mitarbeiter unserer Mitgliedsunternehmen mit dem Chemie-Navigator im Internet eine Möglichkeit geschaffen, informiert wählen zu gehen. Hier können die Beschäftigten sehen, welche Position die einzelnen Parteien zu wichtigen industriepolitischen Anliegen der Chemiebranche einnehmen.

Und welche Partei sollen sie danach wählen?

Bock: Das unterscheidet unser Tool vom Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung. Man kann mit dem Navigator zwar die Position der Branche und mehrerer Parteien zu bestimmten Themen ermitteln und für die Wahlentscheidung nutzen. Eine Wahlempfehlung geben wir aber nicht.

Dann fragen wir noch einmal. War die große Koalition nicht gut für die Wirtschaft?

Bock: Die große Koalition hat Gesetze beschlossen, die in der Wirtschaft und speziell im Chemieverband nicht immer auf Zustimmung gestoßen sind. Das beginnt beim Gewürge bei den Koalitionsverhandlungen. Die beiden Parteien haben sich oft nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt. Und große Reformschritte sind ausgeblieben.

Was fordern Sie von der nächsten Regierung?

Bock: Eine Maßnahme, die uns und der Innovationsentwicklung in Deutschland unmittelbar nützen würde, wäre eine steuerliche Förderung der Aufwendungen für Forschung und Entwicklung, wie sie es in zwei Drittel der Industriestaaten gibt.

Hätten Sie gedacht, dass die deutsche Autoindustrie ihre Kunden so täuscht?

Bock: Soweit getäuscht wurde, ist das natürlich nicht in Ordnung und zu verurteilen. Aber ich warne davor, jetzt den Diesel generell auf die Anklagebank zu setzen. Dank der hervorragenden Katalysatortechnik ist der Dieselmotor für die Reduzierung der Klimagase, aber auch anderer Schadstoffe bislang unersetzlich. Und mit der Euro-6-Norm haben wir eine Technologie, die noch umweltfreundlicher ist.

Also ist 2030 noch nicht Schluss mit dem Verbrennungsmotor, wie die Grünen fordern?

Bock: Das halte ich für Unfug. Der Elektromotor kann den Verbrennungsmotor bis dahin ergänzen, aber nicht ersetzen.

Treten Sie auch deshalb so vehement für den Verbrennungsmotor ein, weil die deutsche Industrie beim Elektroantrieb und der Batterietechnologie international nicht wettbewerbsfähig ist?

Bock: Batterietechnologie ist Elektrochemie, die wurde maßgeblich in Deutschland erfunden. Wir beherrschen die Batterietechnologie mindestens so gut wie die Chinesen. Und auch die deutsche Autoindustrie muss bei den Elektroautos die Konkurrenz aus Übersee – also USA und China – nicht fürchten.

Wie lange geben Sie dem Verbrennungsmotor?

Bock: Ich bin kein Hellseher. Aber im Jahr 2030 wird er nach wie vor führend im Individualverkehr sein. Und 2050 wird es sicher noch Diesel- und Benzinmotoren geben.

Weltweit fusionieren Chemieunternehmen. Sind die deutschen Konzerne alleine noch wettbewerbsfähig?

Bock: Technologisch sind die deutschen Unternehmen führend in der Welt. Die chemisch-pharmazeutische Industrie gibt elf Milliarden Euro im Jahr für Forschung aus, um den Innovationsvorsprung zu halten. Aber natürlich schauen sich auch deutsche Chemieunternehmen weltweit weiter nach sinnvollen Zukäufen um.

Monsanto gilt als unbeliebtester Konzern der Welt. Wie schwer ist es für einen deutschen Konzern wie Bayer, für eine solche Übernahme Akzeptanz zu finden?

Bock: Bei BASF arbeiten wir seit 15 Jahren mit Monsanto zusammen und ich erlebe das Unternehmen als hochprofessionell und innovativ. Aber in Deutschland gibt es eine starke Ablehnung grüner Gentechnik. Dabei gibt es überhaupt keine wissenschaftlich überzeugenden Gründe gegen Gentechnik. Es ist noch nicht einmal theoretisch erklärbar, wie grüne Gentechnik krank machen könnte.

Die EU ärgert die Chemie gerade auch mit ihrer Diskussion über das Pflanzenschutzmittel Glyphosat.

Bock: Hier spielt Deutschland leider eine sehr schwache Rolle. In der EU schauen alle auf die Großen. Doch Deutschland enthält sich, weil die Bundesumweltministerin gegen Glyphosat ist und der Landwirtschaftsminister dafür. Das ist nicht überzeugend. Eine ähnliche Debatte haben wir auch bei der Gen-Schere Crispr, ein von der Natur abgeschautes biochemisches Verfahren, mit dem sich DNA-Ketten in Zellen gezielt verändern lassen. Man kann damit bisher unheilbare Krankheiten bekämpfen – das aus ideologischen Gründen nicht zu tun, finde ich unverantwortlich.

Aber forschen dürfen Sie mit dieser Methode …

Bock: Denken ist in Deutschland noch erlaubt. Allerdings dürfen wir Produkte, die mit Crispr hergestellt werden, ohne Zulassung durch die Behörden nicht auf den Markt bringen. Dabei liegen hier große Chancen für die Welternährung und neue Medikamente.

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