Börse Ausländer profitieren vom Dividendenregen

FRANKFURT · Deutsche Konzerne schütten Rekordgewinne aus, aber die Aktionäre sitzen größtenteils nicht im Inland.

 „Geldregen“ wortwörtlich genommen: Symbolaktion einer Bürgerbewegung in Berlin. FOTO: DPA

„Geldregen“ wortwörtlich genommen: Symbolaktion einer Bürgerbewegung in Berlin. FOTO: DPA

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BRIGITTE SCHOLTES

Es regnet Geld, aber die deutschen Anleger gehen fast leer aus. Zwar schütten die deutschen Aktiengesellschaften so viel aus wie nie zuvor: Gut 46 Milliarden Euro an Dividenden fließen in diesem Jahr an die Aktionäre von 640 Unternehmen. Doch mehr als 70 Prozent der Aktien der im Dax 30 notierten Unternehmen, der 30 größten deutschen Aktiengesellschaften also, liegen im Ausland, sagt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Bei einzelnen Unternehmen wie etwa Adidas, SAP, Henkel oder Linde gingen sogar teilweise knapp 90 Prozent der Dividenden oder der Gewinnausschüttung ins Ausland. Knapp 32 Milliarden Euro an Dividenden schütten nach der aktuellen Erhebung der DSW allein 28 der 30 größten DAX-Unternehmen aus, 6,5 Prozent mehr als für das Jahr 2015. Unrühmliche Ausnahmen sind die Commerzbank und RWE. Sie ließen ihre Aktionäre für 2016 leer ausgehen.

Allerdings trug zu der deutlichen Steigerung auch Volkswagen bei: Weil die Wolfsburger im vergangenen Jahr nur eine Mini-Dividende ausgeschüttet hatten wegen der Kosten des Dieselskandals, machte sich die Wiederaufnahme der „regulären“ Dividendenzahlung mit einer Milliarde Euro deutlich bemerkbar. 22 von 30 Firmen zahlten mehr als im Jahr zuvor, neun Firmen sogar im zweistelligen Bereich. Dazu zählen Adidas, die Deutsche Post, HeidelbergCement und Fresenius Medical Care. Der größte Dividendenzahler ist mit insgesamt fast 3,5 Milliarden Euro Daimler.

Die DSW bemängelt jedoch, dass die meisten der untersuchten Unternehmen weniger als die Hälfte ihres Gewinns an die Aktionäre ausschütten. 50 Prozent sollte die Prämie für die Aktionäre mindestens betragen, meinen die Aktionärsschützer.

Die nachhaltige Zahlung einer Dividende sei ein Qualitätskriterium für eine Aktie, meint Christian Röhl von der Research-Plattform Dividenden-Adel und Co-Autor der Studie. Das gelte vor allem bei langfristiger Ausschüttung. Der Gesundheitskonzern Fresenius hat sogar in den vergangenen 25 Jahren seine Dividende kontinuierlich erhöht. Damit ist er der erste deutsche „Dividenden-Aristokrat“. Mehr als zehn Jahre in Folge steigerten nur sieben deutsche Aktiengesellschaften ihre Ausschüttung, darunter etwa der Schmierstoffhersteller Fuchs Petrolub oder die Optikkette Fielmann.

Die Zahlung einer Dividende dürfe jedoch nicht das einzige Anlagekriterium sein, mahnt Eric Frère, Professor des der Essener Hochschule für Ökonomie und Management. Er warnt vor allem vor dem Slogan „Dividende ist der neue Zins“. Das suggeriere eine Sicherheit, die es aktuell an den Finanzmärkten nicht gebe – und vor allem nicht bei Aktien. Allerdings gelte auch: „Dividende ist nicht alles, aber ohne Dividende ist alles nichts“, erklärt Dividendenexperte Röhl. Er hat zwei Portfolien verglichen – das eine mit Unternehmen, die nicht ausschütten, das andere mit solchen, die im Vorjahr Dividende gezahlt haben. Und da zeige sich: Der Kurswert der Nichtzahler ist seit 2004 um 130 Prozent gestiegen, der der Dividendenzahler hat sich jedoch im gleichen Zeitraum verfünffacht.

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