Krise in Griechenland Athen beschließt Sparprogramm

Brüssel · Ab 2019 sollen die Renten in Griechenland um bis zu 18 Prozent gekürzt werden. Schon am Montag könnte frisches Geld fließen. Athen braucht das Geld dringend.

Alexis Tsipras hat sich weit vorgewagt. Der sonst so hemdsärmelig wirkende griechische Premierminister will sich eine Krawatte umbinden, wenn er sein Ziel erreicht hat: Schuldenerleichterungen für sein Land, gewährt von den Geldgebern.

Ob die Welt dieses „historische“ Foto bereits am Montag zu sehen bekommt, scheint allerdings fraglich. Obwohl der Athener Regierungschef mit seiner 153 Stimmen großen Parlamentsmehrheit in der Nacht zum Freitag die Voraussetzungen dafür geschaffen hat: Nach tagelangen Protesten der Gewerkschaften und erbitterten Auseinandersetzungen mit rund 3000 Demonstranten billigte die Abgeordnetenkammer ein weiteres Sparpaket. Ab 2019 sollen demnach die Renten um bis zu 18 Prozent gekürzt werden. Der jährliche Steuerfreibetrag sinkt um rund ein Drittel: von 8636 Euro auf 5700 Euro. Während die Opposition von einem „Alptraum“ für die Betroffenen sprach, zeigte sich Tsipras zufrieden und stolz: „Jetzt liegt der Ball im Spielfeld der Geldgeber“, kommentierte er die Entscheidung der Volksvertreter.

Tatsächlich steht nach deren Zustimmung der Auszahlung der nächsten Tranche in Höhe von 4,5 Milliarden Euro aus dem dritten Hilfspaket eigentlich nichts mehr im Weg. Das Geld braucht Griechenland dringend, denn in den kommenden Wochen müssen Verbindlichkeiten von rund sieben Milliarden Euro beglichen werden. Eigentlich könnten die Euro-Finanzminister, die sich am Montag in Brüssel treffen, also zufrieden sein, wäre da nicht das Beharren der Hellenen und des Internationalen Währungsfonds auf Schuldenerleichterungen. Die Vertreter der Währungsunion, der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und des ESM-Rettungsfonds wollen darüber allerdings erst reden, wenn das dritte Hilfspaket über 86 Milliarden Euro, das auf drei Jahre befristet ist, 2018 ausläuft. Zunächst soll Athen gute Zahlen liefern.

Die gibt es, aber sie fallen verwirrend aus. Vor wenigen Tagen kündigte Brüssel an, nach etlichen Jahren werde man das Defizitverfahren gegen Griechenland einstellen, weil das Land seine Neuverschuldung unter drei Prozent gedrückt habe und damit unterhalb der erlaubten Drei-Prozent-Grenze liege – übrigens zum ersten Mal seit dem Beitritt zum Euro 2001. Außerdem meldete die griechische Regierung einen unerwartet hohen Primärüberschuss, also ein Haushaltsplus ohne Einbeziehung der Schulden: 4,5 Prozent statt der geforderten 3,5 Prozent. Doch selbst die EU-Kommission räumte ein, dass es dabei Einmaleffekte gegeben habe. Sie reduzierte die Prognose für das Wirtschaftswachstum des Landes für 2017 von 2,7 auf jetzt 2,1 Prozent. Hinzu kommt, dass Athens oberster Statistikchef vor einigen Wochen für Wirbel gesorgt hatte, als er öffentlich feststellte, die Regierung melde falsche Zahlen nach Brüssel. Er wurde – gegen den Widerstand der Geldgeber – entlassen. Kein Wunder also, wenn sich die 19 Euro-Finanzchefs den Prüfbericht ihrer Kontrolleure besonders genau anschauen werden.

Tsipras, der einst als entschlossener Gegner der immer neu verordneten Sparrunden angetreten war, zeigte sich nach der Parlamentsentscheidung am Freitag jedenfalls als konsequenter Verfechter dieser Politik. Die Opposition rede zwar ständig die Krise herbei, „aber sie kommt nicht“, sagte er. Um das zu beweisen, lässt er im Finanzministerium einen Schritt vorbereiten, der das zeigen soll: 2018 will der Premier Hellas wieder an den Kapitalmarkt bringen. Ob das klappt, hängt wohl entscheidend davon ab, ob die Geldgeber am Montag mit den Reformen Athens zufrieden sind.

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