"Richtige Partnerschaft" Airbus übernimmt Steuer bei Bombardiers C-Serie

Toulouse · Überraschung in der Flugzeugindustrie: Airbus steigt bei der C-Serie des kanadischen Konkurrenten Bombardier ein. Der Coup ist politisch delikat - denn Bombardier ist im Visier der US-Regierung.

 CS100-Flugzeuge stehen in Mirabel (Kanada) in eine Fertigungshalle von Bombardier.

CS100-Flugzeuge stehen in Mirabel (Kanada) in eine Fertigungshalle von Bombardier.

Foto: Ryan Remiorz, The Canadian Press/AP

Der europäische Flugzeugriese Airbus schnappt sich die junge Mittelstrecken-Baureihe seines angeschlagenen kanadischen Konkurrenten Bombardier.

Die Europäer erhalten eine knappe Mehrheit am Programm für die sogenannte C-Serie und erweitern damit ihre Produktpalette im Bereich der kleineren Passagierjets. Für die Kanadier ist es der Versuch eines Befreiungsschlags - mitten in einem eskalierenden Handelsstreit mit den USA.

Lob kam von einem großen Kunden: "Lufthansa wird von der künftigen Zusammenarbeit zweier Firmen profitieren, die ihre Innovation und Kompetenz bündeln", sagte der Lufthansa-Vorstandsvorsitzende Carsten Spohr nach Angaben seines Unternehmens.

"Das ist genau die richtige Partnerschaft für Bombardier", meinte Konzernchef Alain Bellemare. Airbus-Chef Tom Enders sagte, dies werde das volle Potenzial der C-Serie freisetzen.

Die am Montag unterzeichnete Vereinbarung kommt kurz nach einer vorläufigen Anordnung der US-Regierung, Strafzölle von bis zu 300 Prozent auf den Import von Flugzeugen der C-Serie zu verhängen.

US-Konkurrent Boeing hatte Bombardier zuvor beschuldigt, die Jets mit staatlicher Hilfe zu Dumpingpreisen anzubieten, was die Kanadier bestreiten. Airbus und Bombardier wollen die Endfertigung der Maschinen für den US-Markt nun künftig ins Airbus-Werk im US-Bundesstaat Alabama verlegen. Boeing reagierte verschnupft auf das Bündnis: "Das sieht nach einem fragwürdigen Deal zwischen zwei massiv staatlich subventionierten Wettbewerbern aus, um die jüngsten Entscheidungen der US-Regierung zu umgehen."

Airbus erhält 50,01 Prozent an dem Gemeinschaftsunternehmen, das die C-Serie baut, und bekommt auch die Mehrheit im Führungsgremium. Europas Flugzeug-Schwergewicht muss dafür zunächst nicht mal Geld auf den Tisch legen, sondern bringt seine Fähigkeiten bei Marketing, Vertrieb, Einkauf und Kundenservice ein. Bombardier hofft, dass die mit großen Hoffnungen entwickelte Flugzeugserie dank der globalen Schlagkraft von Airbus endlich aus der Auftragsflaute kommt.

Der rote Zahlen schreibende kanadische Konzern steht in den ersten drei Jahren außerdem noch für finanzielle Lücken von bis zu 700 Millionen US-Dollar gerade. Zudem werde das Geschäft schuldenfrei übergeben, teilten die Unternehmen mit. Bombardier behält rund 31 Prozent, die Investitionsgesellschaft der kanadischen Provinz Québec 19 Prozent. Sitz und Hauptfertigung des Gemeinschaftsunternehmens sollen in Kanada bleiben.

Mit der Entwicklung der C-Serie war der bis dahin für kleinere Regionaljets bekannte Flugzeugbauer Bombardier ins Revier der Branchenriesen vorgestoßen. Die ersten Flugzeuge wurden 2016 ausgeliefert, doch bislang hat das Unternehmen nur Bestellungen über 360 Maschinen. Und das Programm ist teuer. Die Zivilflugzeugsparte machte 2016 vor Zinsen, Steuern und Sonderposten einen Verlust von 450 Millionen Dollar. 2015 war der kanadische Staat eingestiegen.

Die C-Serie sei "ein großartiges Flugzeug", meinte Airbus-Chef Enders. "Aber das Flugzeug braucht jemanden wie Airbus, um seine Flügel rund um die Welt auszubreiten." Viele Kunden hätten gezögert, weil sie nicht sicher gewesen seien, was die Zukunft des Programms angeht. Der Deal soll in der zweiten Hälfte von 2018 abgeschlossen werden, die Aufsichtsbehörden müssen noch zustimmen. Enders sendet mit der Ankündigung auch ein Signal, dass Airbus trotz der Unruhe wegen Korruptionsvorwürfen strategisch handlungsfähig ist.

2015 hatten die Kanadier schon einmal aus finanzieller Not versucht, Airbus als Partner für die C-Serie zu gewinnen. Bombardier hat nicht nur im Flugzeuggeschäft mit Problemen zu kämpfen, sondern steht auch in der Bahntechnik unter Druck. In Deutschland sollen bis zu 2200 Jobs wegfallen.

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